Comeback der Erinnerungslücken
Die frühere Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ließ im U-Ausschuss die meisten Fragen an sich abprallen. Dabei wollte die Opposition Heikles erfragen: etwa warum merkwürdige Umfragen beauftragt worden waren.
Team Türkis und U-Ausschüsse werden miteinander wohl nicht mehr warm werden. Gegen Altkanzler Sebastian Kurz wird rund um den Verdacht auf Falschaussage vor dem Ibiza-Ausschuss sogar ermittelt, über Ex-Finanzminister Gernot Blümel wurde wegen über achtzig Erinnerungslücken viel Häme ausgeschüttet. Elisabeth Köstinger, enge Weggefährtin der beiden, hatte am Donnerstag offenbar vor, diese Tradition fortzusetzen.
Warum hat das Landwirtschaftsministerium ab 2019 so viele Umfragen beim Institut Demox in Auftrag gegeben? Dazu hatte Köstinger „keine Wahrnehmung“. Wie Demox ins Spiel kam? Und ob das womöglich damit zusammenhänge, dass Köstinger den Institutschef Paul Unterhuber gut aus dem Bauernbund kenne? „Kein Wissen.“Wie die aus Sicht der Opposition fachfremden Fragen in die Umfragen von Demox gelangt waren? „Ich war in die direkte Themenausgestaltung nicht involviert.“Wurden die Ergebnisse an Dritte weitergegeben, wie bei der Causa Beinschab, also an ÖVP-Berater? „Keine Wahrnehmung.“
„Oberflächliches“Wissen
Und was ist mit der vom Rechnungshof monierten Spende für den steirischen Bauernbundball 2019? Da sei Köstinger „nur wenige Monate Ministerin“gewesen, eine Wahrnehmung sei ihr „nicht erinnerlich“. Und wie sei das mit den 800.000 Euro für die Tiroler Jungbauernschaft, die aus dem NPO-Fonds, also aus Corona-Hilfen, geflossen seien? Das wisse sie nur „oberflächlich aus den Medien“.
So ging es dahin, bis dann plötzlich Schluss war: Pünktlich um Zwölf mussten die Abgeordneten nämlich in den Plenarsaal, um dort einer Sondersitzung des Nationalrats beizuwohnen – bis in den frühen Abend. Erst dann ginge es weiter, und zwar mit Köstinger, die davon selbst überrascht war.
Während die Antworten also wenig ergiebig waren, waren das die Fragen umso mehr: Sie legen nahe, dass die ÖVP neben der Causa Beinschab im Finanzministerium auch in anderen Ressorts Umfragen in Auftrag gab, die für Parteiarbeit verwendet worden sind.
Die SPÖ verweist auf einige Medienberichte, in denen zum Beispiel Umfragedaten der ÖVP bei einem Hintergrundgespräch mit Franz Sommer, dem Haus- und Hof-Demoskopen der Türkisen, Klubchef August Wöginger und dem damaligen Generalsekretär Axel Melchior besprochen worden sein sollen. Da seien laut Nachrichtenagentur APA „ebenfalls Mitte September abgefragte“Daten zum Thema CoronaKrise präsentiert worden. Das sei wiederum von Landwirtschaftsund Wirtschaftsministerium in jeweils einer Studie von Demox abgefragt worden.
Nächste Woche soll dann DemoxChef Paul Unterhuber dazu selbst im U-Ausschuss befragt werden.
Gerangel um Schmid-Chats
Einen leichten Dämpfer gab es für die ÖVP abseits der Befragungen: Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wies den türkisen Antrag ab, sinngemäß Chats zwischen Thomas Schmid und SPÖ-Personal auszuwerten und rasch dem Ausschuss zu übermitteln.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) habe „zulässigerweise mit dem Hinweis auf ein laufendes Konsultationsverfahren begründen“können, warum sie den Beweisanträgen der ÖVP nicht gefolgt sei, heißt es aus dem VfGH. Zadić müsse nun allerdings „unverzüglich begründen, warum sie den Beweisanforderungen nicht nachkommen kann“.
Das verbucht die ÖVP durchaus als Erfolg. „Wir werden nun abwarten, wie die Frau Bundesministerin diesem klaren Auftrag des VfGH entsprechen wird“, sagte der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger. Er sei „davon überzeugt, dass dieses Erkenntnis ein wesentlicher Schritt ist, damit der Untersuchungsausschuss endlich auch diesen Aspekt, wie weit die SPÖ mit Thomas Schmid zusammengearbeitet hat, aufklären kann“.
Fortgesetzt wird der U-Ausschuss schon nächste Woche. Dann stehen unter anderem die Befragungen von Beschuldigten in der Causa Beinschab an. Mitte Juli soll dann der Ausschussvorsitzende Wolfgang Sobotka (ÖVP) geladen werden, danach steht die Sommerpause an.