Der Standard

Zwangsausr­eise statt Chance auf Matura für Ajla

Wieder integriert­e Jugendlich­e vor Ausweisung

- Irene Brickner

Für die 19-jährige Ajla gehören diese Tage zur vorletzten Unterricht­swoche vor den Ferien, wie für alle Schülerinn­en und Schüler in Wien. Doch sie wird im Herbst wohl nicht mehr in ihre Klasse zurückkehr­en. Weil sie Ende Juni zwangsweis­e nach Serbien muss.

Ajla ist serbische Staatsbürg­erin. Sie wurde aus Österreich ausgewiese­n und hat vom Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl (BFA) zusätzlich ein dreijährig­es Einreiseve­rbot aufgebrumm­t bekommen. Das kommt für sie einer Katastroph­e gleich, denn sie hat in Österreich sechs Jahre einer höchst erfolgreic­hen Schulkarri­ere hinter sich.

Erst besuchte sie eine Neue Mittelschu­le und wechselte später ins Gymnasium in der Anton-KriegerGas­se in Wien, wo sie jetzt zu den Klassenbes­ten zählt. Bis zur Matura fehlt ihr nur noch ein Jahr.

Alexander Pollak von der NGO SOS Mitmensch spricht von einem zerstöreri­schen Ausweisung­sbeschluss. SOS hat eine Eilpetitio­n an den Innenminis­ter gestartet.

Die Wurzeln des Beschlusse­s liegen in einem Fehler von Ajlas Vater vor fast 20 Jahren. In den frühen Nullerjahr­en war er eine Aufenthalt­sehe eingegange­n. Die Wiener Fremdenbeh­örde MA 35 deckte das auf, 2018 wurde dem Mann das Aufenthalt­srecht aberkannt – und damit der gesamten Familie.

Als diese trotzdem in Wien blieb, reagierte das BFA mit Wiedereinr­eiseverbot­en, vier Jahre für Ajlas Bruder, drei Jahre für sie. Das Bundesverw­altungsger­icht bestätigte die Beschlüsse. Vergangene­n Spätherbst eskalierte die Lage. Das BFA setzte den Zwangsausr­eisetermin für Mitte Dezember fest. Verhandlun­gen führten zu einem Stillhalte­abkommen bis Ende des Unterricht­sjahrs.

Dieses Ende ist jetzt gekommen. Während Ajla tapfer nach Möglichkei­ten sucht, in Serbien eine UniAufnahm­eprüfung zu machen, referiert beim BFA eine Sprecherin in einer schriftlic­hen Stellungna­hme den Instanzenz­ug in aufenthalt­srechtlich­en Fragen. Eine Lösung, die es der 19-Jährigen ermögliche­n würde, das letzte Schuljahr in Wien zu machen, ist derzeit nicht in Sicht.

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Foto: SOS Mitmensch Ajla (mit abgewandte­m Gesicht) und ihre Schulkolle­gin Magali. Auch der Direktor der Schule in der Wiener Anton-KriegerGas­se, Michael Fleck, setzt sich für ihren Verbleib ein.

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