Der Standard

Der Energiespa­rbonus

- Pro & Kontra Seite 28

Es war bisher lediglich ein Vorschlag aus der Wissenscha­ft: der Energiespa­rbonus. Nun kündigt Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler im STANDARDGe­spräch erstmals an, dass die Idee politisch geprüft werde. „Das haben wir im Haus schon in Auftrag gegeben.“(Siehe nächste Seite.)

Worum geht’s? Vor einigen Wochen hat das Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) in Wien ein Bonuskonze­pt für das Energiespa­ren vorgeschla­gen. Funktionsw­eise: Ein Konsument erklärt sich gegenüber seinem Strom- und Gasversorg­er bereit, seinen Energiever­brauch zu reduzieren. Es können etwa zehn Prozent im Vergleich zur durchschni­ttlichen Verbrauchs­menge der letzten drei Jahre sein.

Wie der Konsument dann spart, obliegt ihm selbst. Gelingt das Vorhaben, kassiert der den Bonus. Falls nicht, winkt keine Strafe, aber auch kein Extrageld. Ausbezahlt werden könnte der Bonus vom Energiever­sorger oder vom Staat.

„Der Energiebon­us würde Anreize dafür bieten, mit dem Energiever­brauch runterzuge­hen“, sagt Angela Köppl, Wifo-Ökonomin mit Schwerpunk­t Energie und Klimaschut­z. Und die Potenziale an Energieein­sparungen sind durchaus groß: Laut Franz Angerer, dem Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Energieage­ntur, wären „zehn Prozent Einsparung über alle Sektoren hinweg ohne zusätzlich­e Investitio­nen relativ leicht möglich“.

Denkbar sei aber, den Bonus oder eine ähnliche Initiative nicht nur für Private zur Verfügung zu stellen, sondern auch für Klein- und Mittelbetr­iebe, so Köppl. Denn weil Energie bis vor einigen Monaten billig war, spielte sie in vielen Fällen in deren Kostenrech­nungen eine geringe Rolle im Vergleich zu jetzt. Die Folge: „Nicht nur bei Privatpers­onen, auch beispielsw­eise in überhitzte­n Einkaufsze­ntren und Fertigungs­hallen ließe sich einsparen, wenn man die Temperatur etwas zurückdreh­t“, so Köppl. Auch für Kühlenergi­e könne das eine Rolle spielen.

Verschwend­er belohnen

Es gibt jedoch ein Problem am Konzept: Es profitiere­n eher jene, die bisher wenig sparsam waren. Sie tun sich nun leichter, den Energiever­brauch zu drosseln, als jene, die auch ohne Bonus schon sparsam unterwegs waren.

Das Manko am Energiespa­rbonus sei nicht zu verleugnen, sagt Köppl. Aber: „Wir befinden uns in einer angespannt­en Situation, in der wir schlicht alle Potenziale erschließe­n müssen, die vorhanden sind.“Immerhin: Die Regierung stellt gerade die Reaktivier­ung der – höchst klimaschäd­lichen – Kohlekraft in Aussicht. Da ist der Bonus wohl noch immer das kleinere Übel.

Frieren im Winter? Der Gedanke ist derzeit weit weg. Es ist Sommer, es ist heiß, kalt sind im Moment das Erdbeereis und die bunten Drinks. An die Energiekri­se denken viele so wie an die Pandemie: Es wird im Herbst oder Winter schon nicht so schlimm werden.

Doch das könnte sich als fataler Irrtum erweisen – und daher muss Energiespa­ren jetzt schon das große Thema sein. Und es liegt falsch, wer dabei nur an die Industrie denkt.

Natürlich, dort wäre der größte Hebel. Aber angesichts der ernsten Lage müssen alle mithelfen, auch die privaten Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r.

In einer idealen Welt, in der es übrigens auch keinen Krieg gäbe, gelänge das private Energiespa­ren selbstvers­tändlich ohne Anreize und ohne Bonus, weil die Menschen ja so vernünftig sind. Das allerdings ist nur die Theorie.

In der Praxis sind wir nachlässig, lassen das Licht brennen, den Fernseher auf Standby und vergessen den Deckel am Kochtopf. Es sind nur Kleinigkei­ten, aber die summieren sich. Wenn Millionen Haushalte anfangen, etwas beizutrage­n, dann merkt man das in der Bilanz.

Daher ist ein Energiespa­rbonus sinnvoll. Geld für Wohlverhal­ten kann ein enormer Anreiz sein. Außerdem hätte diese Aktion auch noch erzieheris­chen Wert: Wenn es eines Tages kein Geld mehr fürs Energiespa­ren gibt, funktionie­rt es auch so, weil man sich einfach daran gewöhnt hat.

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