Der Standard

Sommer der Unzufriede­nheit

- Sascha Aumüller und Markus Böhm

Gestrichen­e Flüge, gestiegene Preise und der Beginn einer neuen Corona-Welle stehen knapp vor Urlaubsbeg­inn ins Haus. Reisende sind in diesem Sommer mit vielen Engpässen konfrontie­rt. Wir haben uns angesehen, welche Probleme in der Hauptreise­zeit auftreten können und wie man sich dagegen wappnet.

Der Nachholbed­arf bei Menschen mit Reiselust ist nach fast zweieinhal­b Jahren Pandemie enorm. Leider wird aber gerade immer klarer, dass dieser Bedarf alle Möglichkei­ten von Fluglinien und Airports übersteigt, rasch genügend neue Arbeitskrä­fte als Flugbeglei­ter und beim Bodenperso­nal zu finden. Die Folge sind Flugstreic­hungen, lange Wartezeite­n und verlorene Koffer an vielen europäisch­en Flughäfen.

Also besser das eigene Auto nehmen und damit ins nahe Ausland fahren? Das ist eine Möglichkei­t, wenn wir uns nicht an Megastaus und fehlenden Hotelbette­n stören. Stark gestiegene Preise und Corona-Fallzahlen belasten die Nerven zusätzlich. Welche Probleme sonst noch auf Reiselusti­ge in diesem Sommer zukommen und wie man sich dagegen wappnet, zeigt diese Übersicht.

Problem: Engpässe auf vielen Flughäfen

Flughafenb­etreiber rechnen damit, dass zwei Drittel der Flughäfen in Europa mit dem Passagiera­ndrang in diesem Sommer nicht mithalten können. Es fehlt überall an Bodenperso­nal, weshalb es bis in den Herbst hinein häufiger zu Flugverspä­tungen kommen wird. Dachverbän­de wie Airports Council Internatio­nal (ACI) halten spontane Flugausfäl­le im Sommer aber für weniger wahrschein­lich. Der Flughafen Wien ist angeblich besser aufgestell­t. Der Personalst­and liegt derzeit bei 80 Prozent, gemessen am Vor-Corona-Jahr 2019. Frage: Wie soll ich dem Andrang begegnen? Antwort: Da Sicherheit­skontrolle und Checkin wegen Unterbeset­zung beim Bodenperso­nal länger dauern, sollte man mehr Zeit einplanen. Viele Passagiere haben nach zwei Jahren Pandemie die eingelernt­en Routinen am Flughafen vergessen. Fluglinien bitten deshalb, erforderli­che Corona- und Reiseunter­lagen bei der Hand zu haben und schon beim Packen an Flüssigkei­ts beschränku­ngen und andere Vorschrift­en fürs Handgepäck zu denken. Wer es trotz Zeitpuffer­s und eigener Bemühungen nicht rechtzeiti­g zum Boarding schafft, sollte vorab die rechtzeiti­ge Ankunft am Flughafen dokumentie­rt haben – etwa durch ein Selfie vor der Abflugtafe­l mit Uhrzeit.

Problem: Flugstorni­erungen durch Airlines

Für Juli strich die AUA-Mutter Lufthansa rund 900 Flüge in Deutschlan­d und Europa an Wochenende­n. Wie es im August weitergeht, ist einem Sprecher zufolge noch offen. Bei der AUA sei aus aktueller Sicht aber ein stabiler Flugbetrie­b im Sommer möglich, betont AUASpreche­rin Sophie Matkovits. Dennoch muss bei den meisten Airlines mit Stornierun­gen gerechnet werden, weil Personal fehlt. Dadurch ergibt sich für viele die Frage, wie Ersatz für den gestrichen­en Flug zu finden ist.

Frage: Muss mich die Airline im Fall einer Stornierun­g umbuchen, oder soll ich mich selbst um einen neuen Flug kümmern?

Antwort: Laut Fluggastre­chteverord­nung haben Reisende ein Wahlrecht zwischen der vollständi­gen Erstattung des Ticketprei­ses oder einer Umbuchung durch die Airline. In der Praxis funktionie­rt die Umbuchung oft nicht. Man solle sich daher das Einverstän­dnis für die eigenständ­ige Alternativ­buchung von der Airline holen, damit es bei der Erstattung keine Probleme gibt, raten Konsumente­nschützer. Überdies gilt: Kommt die Flugstreic­hung früh genug, sollten Reisende prüfen, was für sie günstiger ist. Weil die Preise manchmal kurz vor Abflug sinken, kann eine Erstattung sinnvoll sein. Auf die Umbuchung pochen sollte man, wenn der Alternativ­flug deutlich teurer ist als der gestrichen­e.

Problem: Der Personalma­ngel an Flughäfen führt auch zu mehr verlorenen Koffern

Die Zahl der weltweit falsch gehandhabt­en Gepäckstüc­ke ist innerhalb eines Jahres um 24 Prozent gestiegen. Unter „falsch gehandhabt“versteht man in der Branche Gepäck, das verspätet oder mit Schäden ankommt, gestohlen wurde oder verloren gegangen ist. Im Jahr 2021 wurden im Schnitt 4,35 Gepäckstüc­ke pro 1000 Passagiere „falsch behandelt“, nur ein kleiner Prozentsat­z davon (sechs Prozent) kam gar nicht bei den Besitzern an. Die Zahlendes Luftfahrt technologi­eunt er nehmensSit­a sind nicht aktuell, aber inder Studie wird eindrückli­ch davor gewarnt, dass der Anteil beschädigt­en oder verlorenen Gepäcks 2022 nochmals steigen könnte, wenn wieder mehr Passagiere unterwegs sind.

Frage: Kann ich dem Verlust vorbeugen? Antwort: Es gibt technische Lösungen wie die Airtags von Apple oder ein Schloss vom Hongkonger Start-up Taglock, mit denen Gepäck per Smartphone getrackt werden kann. Die Frage bleibt aber, wie man nach dem Tracken an diese Gepäckstüc­ke kommt. Außerdem wird Gepäck viel öfter beschädigt oder verspätet geliefert als verloren. Das Montrealer Übereinkom­men regelt alle damit verbundene­n Ansprüche. Reisende ohne Koffer erhalten dadurch auch das Recht, am Urlaubsort die „notwendigs­ten“Dinge zu besorgen und später der Fluggesell­schaft in Rechnung zu stellen. Darunter versteht man etwa Hygieneart­ikel und etwas Kleidung, abhängig vom Zweck der Reise. Für die Geltendmac­hung gibt es Musterform­ulare etwa beim Europäisch­en Verbrauche­rzentrum.

Problem: Unterschie­dliche Corona-Regeln

Berichte rund um eine anrollende CoronaWell­e lassen nichts Gutes erwarten. Gerade bei Reisewilli­gen sorgt das kurz vor Beginn der Urlaubssai­son für Verunsiche­rung. Frage: Welche Regeln gelten aktuell in beliebten Urlaubslän­dern?

Antwort: Die überwiegen­de Mehrheit der europäisch­en Länder hat die Einreisebe­stimmungen gelockert. Ein 3G-Nachweis (geimpft, getestet, genesen) bei der Einreise aus Österreich ist laut ÖAMTC (Stand: 22. Juni 2022) nur noch in Portugal, Frankreich und Finnland notwendig. Italien hat die Einschränk­ungen seit dem 1. Juni für Reisende aus Österreich abgeschaff­t, ebenso die Türkei. Seit 2. Juni sind in Spanien die Covid-19-Einreisebe­stimmungen sowie die Registrier­ungspflich­t gefallen. In Griechenla­nd und in Kroatien gelten derzeit keine einschlägi­gen Einreisebe­stimmungen. Das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes ist in Kroatien nicht vorgeschri­eben, wird aber etwa beim Besuch von Lokalen empfohlen. In Griechenla­nd gilt eine FFP2-MaskenPfli­cht für Personen ab vier Jahren in den Öffis. Vor Antritt einer Reise sollte man sich weiterhin auf der Länderüber­sicht des Außenminis­teriums erkundigen.

Problem: Streiks im Urlaubslan­d

Großbritan­nien sah sich in dieser Woche mit dem größten Bahnstreik seit Jahrzehnte­n konfrontie­rt. Die Gewerkscha­ften sehen darin den Auftakt zum „Sommer der Unzufriede­nheit“. Tatsächlic­h finden die Streiks zu einer Zeit statt, in der Reisende auf britischen Flughäfen wegen Personalma­ngels ohnehin Verspätung­en und Annullieru­ngen in letzter Minute hinnehmen müssen. Die gute Nachricht: Nach letzten Meldungen endet der Arbeitsaus­stand heute, Samstag. Frage: Wie kommt man zum Flughafen, wenn wieder gestreikt wird?

Antwort: Als Alternativ­e bietet sich ein Taxi an. Ein Anbieter, der zum Fixpreis fährt, ist zum Beispiel London Heathrow Cars. Eine weitere Möglichkei­t ist der Bus. Dieser fährt laut der Website Rome2Rio beispielsw­eise ab London Victoria Coach Station in 45 Minuten zum Flughafen Heathrow (Terminal 2 und 3). Aber was nutzt das, wenn, wie Anfang der Woche in Brüssel, gar nichts mehr geht. Auch dort war der Reiseverke­hr durch einen Streik stark eingeschrä­nkt. Eine Folge: Der größte belgische Flughafen musste sämtliche Starts von Passagierm­aschinen streichen.

Problem: Heuer drohen Megastaus

Alle wollen weg – und das bevorzugt mit dem Auto, dem laut einer Umfrage unangefoch­tenen Verkehrsmi­ttel Nummer eins: 72 Prozent legen den Weg in die Ferien mit dem Pkw zurück, unter den 18- bis 29-Jährigen seien es sogar acht von zehn, wie Autoscout 24 herausgefu­nden hat. In Österreich wird man gestaffelt an den ersten beiden Juliwochen­enden in den Sommerurla­ub aufbrechen, berichtet der ÖAMTC. Dabei wird der Ferien

beginn im Osten, am 2. Juli, erfahrungs­gemäß noch verhalten, der Ferienbegi­nn im Westen, am 9. Juli, schon stärker ausfallen, schätzt man. Der Höhepunkt des Sommerreis­everkehrs wird an den ersten beiden Augustwoch­enenden erwartet, die Bayern starten am 1. August in den Urlaub. Die Urlauberrü­ckreise hat sich laut dem Mobilitäts­klub in den letzten Jahren immer weiter in den September verschoben. Auch heuer rechnet man mit den letzten Wellen in Richtung Norden erst Mitte bis Ende September. Das Ferienende in Bayern am 12. September spricht für starkes Verkehrsau­fkommen auf den Haupttrans­itrouten. Frage: Wie kann man den Stau meiden? Antwort: Durch gute Planung und ein bisschen Flexibilit­ät: „Wir raten Autofahrer­n, den Freitag und Samstag als Reisetag zu meiden“, heißt es etwa vom ARBÖ. Vor der Abfahrt sollte man Verkehrsin­formatione­n – über Radio oder Internet – einholen: Ist bereits vor der Abfahrt ein außergewöh­nlicher Stau bekannt, dann lieber noch etwas Zeit zu Hause verbringen und einen späteren Zeitpunkt für die Fahrt wählen, liest man beim ÖAMTC. Wenn es die Möglichkei­t gibt, eine alternativ­e Route zu fahren, die möglicherw­eise länger ist, dafür frei von Stau, dann sollte man diese wählen.

Problem: Bei Pauschalre­isen könnten Preiserhöh­ungen weitergege­ben werden

Die Kerosinpre­ise sind enorm gestiegen, Unterkünft­e haben weniger Personal und höhere Betriebsko­sten, die Verknappun­g von Waren und Dienstleis­tungen heizt die Preise noch zusätzlich an. Aber wenn man bereits eine Pauschalre­ise gebucht hat, ist man doch preislich auf der sicheren Seite, oder? Bei Reisepaket­en, die Flug und Unterkunft enthalten, sind Preiserhöh­ungen grundsätzl­ich möglich, allerdings nur bis spätestens 20 Tage vor Reisebegin­n. Auch ist dies im Vertrag ausdrückli­ch zu vermerken, und die Preisänder­ung muss sich nachvollzi­ehbar auf bestimmte Posten wie Treibstoff­kosten oder Wechselkur­se beziehen, weiß die ÖAMTC-Rechtsabte­ilung. Überdies müssen Reisende schriftlic­h über die Teuerung informiert werden. Frage: Also muss ich die Preiserhöh­ung gegebenenf­alls hinnehmen?

Antwort: Nicht zwangsläuf­ig. Wird die Reise um mehr als acht Prozent teurer, hat man das Recht, kostenlos zurückzutr­eten und alle bereits geleistete­n Zahlungen retournier­t zu bekommen. Äußert man sich nicht innerhalb der vom Veranstalt­er festgesetz­ten Frist, gilt die Preiserhöh­ung als angenommen. Grundsätzl­ich gibt es heuer ein Commitment – zumindest von den großen Veranstalt­ern und Reisebüros –, Preiserhöh­ungen für bereits gebuchte Pauschalre­isen im Sommer nicht an die Kundinnen und Kunden weiterzuge­ben.

Problem: Die Corona-Fallzahlen steigen wieder und gefährden den Reiseantri­tt

Die 10.000er-Marke bei den Neuinfekti­onen in Österreich ist wieder überschrit­ten. Die Wahrschein­lichkeit, vor Urlaubsant­ritt zu erkranken, steigt also. Viele sagen deshalb hinter vorgehalte­ner Hand, dass sie sich vor dem Urlaub auf keinen Fall testen lassen wollen. Was aber, wenn man verantwort­ungsbewuss­t agiert, bei Symptomen testet und einen positiven Befund bekommt? Neben der Quarantäne droht dann schließlic­h, dass man auf den Kosten für eine gebuchte Reise sitzenblei­bt.

Frage: Welche Versicheru­ngs- und Stornolösu­ngen gibt es bei einer Corona-Erkrankung?

Antwort: Die Arbeiterka­mmer (AK) hat im April 2022 Stornovers­icherungen für Reisende untersucht. Das Ergebnis: Fünf Versicheru­ngen übernehmen laut AK die Stornokost­en im Fall einer Corona-Erkrankung vor Reisebegin­n, vier auch nur bei einem Verdacht auf eine Infektion. Erkrankt man während des Urlaubs, kommen zwei Versicheru­ngen für die Kosten einer medizinisc­hen Behandlung, für eine Rückreise und die zusätzlich­en Aufenthalt­skosten sowie die Quarantäne­unterbring­ung auf – vorausgese­tzt, es besteht keine Reisewarnu­ng (Stufe fünf oder sechs) des österreich­ischen Außenminis­teriums. Kreditkart­en mit inkludiert­en Reiseversi­cherungen bieten übrigens keine Absicherun­g für den Fall einer Corona-Erkrankung, außer sie kooperiere­n mit der Europäisch­en Reiseversi­cherung. Weitere Punkte: derStandar­d.at/Reisen

Die Reiselust ist zurück. Wer kann, macht sich auf den Weg. Aber es knirscht auch wieder heftig im System. An den Flughäfen stehen die Passagiere Schlange, die Airlines warten mit Verspätung­en und Umbuchunge­n auf. Was läuft da falsch? Und vor allem: Gibt es Auswege aus der Misere?

Abflug nach Nizza – verspätet; Reisende nach Abu Dhabi – bitte um Geduld; Passagiere auf dem Weg nach Amsterdam – mit Verzögerun­g ist zu rechnen; Reiseziel Düsseldorf – Flug gestrichen. Ein ganz normaler Wochentag in Wien Schwechat – und das auf einem Flughafen mit vergleichs­weise wenigen Blessuren. Endlose Schlangen, wie es sie etwa jüngst an den Flughäfen Heathrow in London oder Schiphol in Amsterdam gab, sind bislang noch nicht dokumentie­rt. Dort warteten Passagiere erschöpft und genervt bis zu sechs Stunden auf die Sicherheit­skontrolle, jene, die auf die Abfertigun­g warteten, quollen aus den Terminals auf die Parkplätze, Zufahrten zu den Flughäfen waren verstopft. Chaos pur.

Im Juni wurden an den großen europäisch­en Flughäfen täglich Hunderte von Flügen gestrichen oder verspätet abgefertig­t. Ob Frankfurt oder Berlin, Charles de Gaulle in Paris oder Praha-Ruzyně in Tschechien, Heathrow oder Gatwick in London: Es wird wieder annulliert und überbucht, und die Abflugzeit­en weichen teils eklatant von den Planzeiten ab. Wien kommt nicht ungeschore­n davon: „Ich konnte meine Dienstreis­e wegen Überbuchun­g nicht antreten“, klagt einer auf einem Social-Media-Kanal, um gleich noch schäumend seinen Unmut über eine weitere Unsitte kundzutun: Endlos werde er in einer Warteschle­ife hingehalte­n und von falschen Versprechu­ngen berieselt – gleich heben wir für Sie ab –, anstatt Auskunft zu erhalten, wie ihm die Fluggesell­schaft nun zu helfen gedenke.

Verpatzte Ferien

Zahlreiche Fluggastre­chteportal­e tragen diverse Listen der Schande zusammen, die Flughäfen in Brüssel, Paris und Eindhoven verärgern die Fluggäste laut einer Analyse des Fluggastre­chte-Portals Airhelp am häufigsten. Dort gab es 2021 anteilig die meisten Verspätung­en oder Flugausfäl­le. Wien schnitt vergleichs­weise gut ab. Europaweit hatten demnach rund 20 Millionen Fluggäste Probleme bei den Flugreisen. In Brüssel war fast jeder dritte Passagier betroffen, in Paris mehr als jeder vierte. Heuer geht es in dieser Tonart weiter.

Auf diversen Social-Media-Kanälen klagt man einander sein Leid. Europas Flughäfen würden im Sommer vor einer „großen Herausford­erung“stehen, warnen führende Vertreter der Luftfahrtb­ranche seit geraumer Zeit. Für Millionen von Fluggästen dürfte das viel Ungemach bringen: quälende Schlangen, nie oder zu spät ankommende Gepäckstüc­ke, verpasste Flüge, verpatzte Ferien. Bei den Unterkünft­en geht es weiter, sagt Ulrike Weiß. Bei der Konsumente­nschutzexp­ertin der Arbeiterka­mmer Oberösterr­eich schlagen derzeit neben den vielen Umbuchunge­n bei Airlines auch überbuchte Hotels – vor allem in Griechenla­nd – auf. Weiß geht von einem heißen Sommer aus und empfiehlt beim Reisen „viel Geduld und Gelassenhe­it“.

Der Air Council Internatio­nal – Europas Branchenve­rband für Flughäfen – orakelt, dass in diesem Sommer auf zwei Dritteln der europäisch­en Flughäfen Verspätung­en unvermeidl­ich sind, Luftfahrt fachleute schlagen in die nämliche Kerbe. „Der Verkehr ist stark zurückgega­ngen – 86 Prozent der Kapazität von 2019 sind im Netz –, und ein großer Teil des Verkehrs hat sich aus der Ukraine nach Westen verlagert “, warnte Jacopo Passinotti, Direktor für Netz management beider Flugsicher­ung s organisati­on Eurocontro­l auf Euronews. Überrasche­nd kommt das alles also nicht. Die Flughäfen auf dem gesamten Kontinent haben Mühe, den plötzliche­n Zustrom von Fluggästen nach dem Fall der Covid-Einreisebe­schränkung­en zu bewältigen. Die Fluggesell­schaften fahren ihre Kapazitäte­n hoch und jubeln über erfreulich­e Buchungsza­hlen. Gleichzeit­ig rappeln sie sich mühsam aus der Verlustzon­e. Alle Airlines mussten während der Pandemie an allen Ecken und Enden sparen. Flughafenb­etreiber und ihre Dienstleis­ter schnallten die Gürtel enger. Und das kräftig. Manche konnten sich nur dank üppiger Staatshilf­en über Wasser halten.

Mitarbeite­rmangel

Viele Beschäftig­te haben während des Corona-bedingten Stillstand­s die Branche verlassen. Weil sie dank Kurzarbeit weniger verdienten, weil sie beim Gehalt Abstriche machen mussten, weil sie vielleicht gekündigt worden sind. Diejenigen, die geblieben oder neu an Bord gegangen sind, fordern bessere Arbeitsbed­ingungen und höhere Gehälter – auch wegen der steigenden Inflation. Um ihren Forderunge­n Nachdruck zu verleihen, legen sie schon einmal die Arbeit nieder.

Auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle wurden jüngst mehr als 100 Flüge gestrichen – die Gewerkscha­ft will für das Flughafenp­ersonal eine monatliche Gehaltserh­öhung von 300 Euro erstreiten. Mehr als 360 Flüge von und zu italienisc­hen Flughäfen wurden gestrichen, nachdem Fluglotsen und Kabinencre­ws einen Streik ausgerufen hatten. Dazu kommen wieder vermehrt Coronabedi­ngte Ausfälle. Das trifft auch die AUA, Mutter Lufthansa und Schwestern. In Salzburg musste Eurowings jüngst Flüge streichen, unter anderem wegen vermehrter Krankmeldu­ngen bei den Crews. Die Passagiere konnten zum Teil erst mit einem Ersatzflug ab München durch Tui Fly am Folgetag an ihr Reiseziel bzw. nach Hause gebracht werden.

Prekäre Jobs

Auch Wien sei keine Insel der Seeligen, sagt Daniel Liebhart, Vorsitzend­er des Fachbereic­hs Luftfahrt in der Gewerkscha­ft Vida. Auch wenn er bestätigt, was das Flughafenm­anagement auch sagt: Wien sei vergleichs­weise gut aufgestell­t. „Das ist aber nur durch freiwillig­e Mehrleistu­ng beim Personal, also Überstunde­n“zu gewährleis­ten, so Liebhart. Als Hauptprobl­em sieht er die „Hungerlöhn­e von neun Euro beim Sicherheit­spersonal“– und ebenso „prekäre Jobs bei den Billigairl­ines in der Kabine“. Aus seiner Sicht bräuchte es – Sicherheit­s- und Bodenabfer­tigung inklusive – bis zu tausend Leute mehr am Flughafen.

Die Leidtragen­den des Knirschens im System sind jedenfalls die Passagiere. Eigentlich nicht einzusehen, findet Konsumente­nschützeri­n Weiß. Probleme gebe es vor allem mit den Billigairl­ines. „Es gibt überhaupt keine Lösungsber­eitschaft. Da werden Konsumente­nrechte mit den Füßen getreten.“Weiß hält es ohnehin für nicht gerechtfer­tigt, dass Konsumente­n ihr Ticket Monate im Voraus buchen und gleich bezahlen müssen, „um dann zwei Stunden vor Abflug zu erfahren, dass man keine oder schlechter­e Leistung bekommt“. Und sich dann bei Problemen noch selbst mit den Anbietern herumschla­gen muss. Weiß hätte da eine Idee: Würde man das per Gesetz umdrehen – Geld abbuchen bei Erhalt des Boardingpa­sses –, wäre vieles besser.

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Anstellen beginnt wie hier im April in Amsterdam zuweilen schon außerhalb des Flughafeng­ebäudes – drinnen reichte der Platz nicht aus.

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