Der Standard

Insel im Zürcher Geschnetze­lten

Zürich hat mit dem Kle ein veganes Spitzenres­taurant

- Sascha Aumüller

Abwechslun­g wird auf manchen Tellern an der Limmat kleingesch­rieben. Zu viele Lokale in Zürich servieren selbstbewu­sst zweierlei Einheitsbr­ei zu einem Preis: Zürcher Geschnetze­ltes kostet fast überall in der Stadt 45 Schweizer Franken, ein bisschen wie in einem Kartell. Alternativ gibt’s den kulinarisc­hen Exoten Wiener Schnitzi. Immerhin kommt es im Kleinkanto­n fast immer vom Kalb, aber um ebenso wohlfeile 45 Fränkli auf den Teller.

Zum Einheitspr­eis des Einheitsbr­eis gesellt sich aktuell ein „Einheitsku­rs“, der einen Schweizer Franken einen Euro kosten lässt. Beislküche müssen sich Esserinnen und Esser auf Besuch in der Schweiz also erst einmal leisten können, selbst wenn diese sich dort gar keine Hausmannsk­ost gewünscht hätten. Wer in Zürich etwas kulinarisc­h Verrücktes machen will, sollte demnach komplett umdenken. Was, wenn man das Fleisch einfach ganz weglässt und dafür rund doppelt so viel ausgibt?

Wer diese Strategie ausprobier­en will, kann sein Glück im Restaurant Kle in der Zweierstra­sse 114 versuchen. „Glück“deshalb, weil bei Zineb „Zizi“Hattab schon in zwei Sitzungen gegessen wird und ohne Reservieru­ng gar nix geht. Hattab ist die bekanntest­e vegane Köchin der Stadt und betreibt im Wohnbezirk Wiedikon schräg gegenüber einer gut besuchten Synagoge ein spannendes Gasthaus. Bei der ehemaligen Software-Ingenieuri­n können Gäste zwischen drei, vier oder fünf Gängen ab 78 Schweizer Franken wählen und staunen, wie aufregend knusprig frittierte Pilze und Rote Rüben als Tartar oder hauchdünn angerichte­t schmecken können.

Es ist ja nicht so, dass fleischlos­e Kost in Zürich keine Tradition hätte. Mit dem Hiltl verfügt die Stadt seit 1898 vermutlich über das älteste vegetarisc­he Restaurant der Welt. Vielleicht aber hört sich das „Ah“und das „Oh“der Gäste im ausschließ­lich veganen Restaurant Kle noch erstaunter an, wenn beim Servieren das Geheimnis der wenigen Zutaten gelüftet wird.

Die nächste Überraschu­ng: Hattabs vegane Zauberei kommt fast ganz ohne exotische Lebensmitt­el aus. Die Ingenieuri­n von rein pflanzlich­er saisonaler Spitzenküc­he muss also auch verdammt gute Lieferante­n haben, dass das alles so außergewöh­nlich schmeckt.

 ?? Foto: Kle / Erna Drion ?? Unprätenti­ös in der Optik ist im Restaurant Kle der Gastgarten.
Foto: Kle / Erna Drion Unprätenti­ös in der Optik ist im Restaurant Kle der Gastgarten.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria