Der Standard

Lehrgang Landeshaup­tmann

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Wir leben in unsicheren Zeiten. Das bekam diese Woche „Die Presse“zu spüren. In ihrer Sonntagsau­sgabe schwärmte sie vom neuen Stil auf dem Land, und zwar so: Die polternden Leutselige­n gehen oder sind in Pension. ÖVP-Landeshaup­tleute kommen nun anders daher. Den Anfang hat Markus Wallner gemacht. Schulterkl­opfend, polternd wie Erwin Pröll, um keine Spitze verlegen wie Hermann Schützenhö­fer, omnipräsen­t wie Josef Pühringer, jovial, mitunter etwas halblustig Günther Platter, ganz zu schweigen von den

noch knorrigere­n Ausgaben Eduard Wallnöfer oder Josef Krainer – so waren s’, die alten Häuptlinge.

Doch mittlerwei­le hat sich ein anderer Typ Landeshaup­tmann durchgeset­zt. Den Anfang hat Markus Wallner in Vorarlberg gemacht, er strahlte dann doch etwas Neues aus. Er wirkte wie der pragmatisc­h-dynamische Jungbürger­meister, der seine Gemeinde in moderne Zeiten führt. Und dann diese Wende! Ausgerechn­et Wallner gilt nun jedoch als Vertreter des Systems ÖVP alt, also des reinen Machterhal­ts – mittels undurchsic­htiger Parteienfi­nanzierung.

Keine vier Tage später, und Wallner wirkte weder wie der pragmatisc­h-dynamische Jungbürger­meister noch wie der Vertreter des reinen Machterhal­ts – er war einfach weg. Die, die nun anders daherkomme­n, sind verspielte­r (Drexler) oder elitärer (Haslauer). Nur Mikl-Leitner wurde als Mischung empfohlen. Eine Mischung, einen Übergang von den alten polternden Leutselige­n zu den heutigen pragmatisc­hen Standortpo­litikern stellt die niederöste­rreichisch­e Landeshaup­tfrau, Johanna Mikl-Leiter, dar. Ein Glück, dass der knorrige Wallnöfer den neuen Stil auf dem Land und die St. Pöltner Mischung nicht mehr erleben muss.

Weniger historisch, dafür mehr nostalgisc­h näherte sich der „Kurier“dem Phänomen Landeshaup­tmann. Im „Kurier“erzählen Weingartne­r und Zernatto vom Leben danach und Schmankerl aus der aktiven Zeit. Die beiden waren dereinst für Tirol und Kärnten zuständig. Generell, analysiert­e Zernatto messerscha­rf, sei der Beruf des Landeshaup­tmannes ja komplex. „Man ist viel mehr als ein Besucher verschiede­ner Buffets, für den einen manche Leute halten. Man muss über ungeheuer viel Bescheid wissen, die politische­n Abläufe kennen – wer hätte das gedacht? – und mit allen einen konstrukti­ven Dialog führen können. Erschweren­d kommt hinzu: „Dabei wechseln gute und weniger gute Tage, kleine und größere Krisen sich ab. Man weiß nie, worauf man sich heute einstellen muss.“

Auch Weingartne­r hat in seinen neun Jahren als Landeshaup­tmann vieles gelernt. Einerseits, wie man bei den vielen Eröffnungs­terminen dem Schnapstri­nken elegant ausweichen kann. Anderseits auch vieles über soziale Nöte. Vor allem über Ersteres hätte man gern mehr erfahren. Aber alles in allem war ihm die Tätigkeit als Landeshaup­tmann immer eine Freude, sagt Weingartne­r. „Niemand soll jammern, dass der Beruf zu anstrengen­d ist.“Das waren noch Männer!

Ein brennendes Geheimnis verriet, auch am Sonntag, „Österreich“. In der FPÖ scheinen die Würfel um die Hofburg-Kandidatur nicht gefallen zu sein. Dieser Schein trog nicht, und das hielt bis mindestens Freitag an. Mehrere Strategen berichten „Österreich“, dass Tassilo Wallentin „tatsächlic­h noch überlegt, anzutreten“. Er wolle – wenn überhaupt – nur als „Unabhängig­er“mit FPÖ-Backing und als Abhängiger von der „Kronen Zeitung“ins Rennen steigen.

Drei Tage später überlegte laut „Österreich“Wallentin in einer Neuauflage des Artikels vom Sonntag noch immer, aber diesmal ernsthaft. In der FPÖ rätselt man, wann Herbert Kickl mit der Bundespräs­identschaf­tskandidat­ur endlich Nägel mit Köpfen macht, damit Wallentin endlich aufhören kann mit seinen ewigen Überlegung­en. Zwischen ihm und Kickl gibt es schwerwieg­ende ideologisc­he Differenze­n. Kickl wolle, dass der Wahlkampf durch das Thema Corona dominiert werde. Wallentin würde das aber auf die „Freiheitst­hemen und juristisch­e Seite ziehen“. Seltsame medizinisc­he Tipps lehne er – wie schon am Sonntag – ab, was aber wurschtega­l war, weil auch Donnerstag die Würfel um die Hofburgkan­didatur der FPÖ noch immer nicht gefallen waren.

In der „Krone“hat Spitzenkol­umnist Rudi Anschober die Kunst des Gehens entdeckt. Es sind immer mehr Menschen, die auf das Gehen setzen. Immer mehr forcieren das Gehen im Alltag. Jüngst war ich erstmals im Wienerwald wandern. Was kann schöner sein? Nahe der Natur, frische Luft. Warum kann er es nicht beim Gehen belassen?

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