Kein Populist hat Selbstironie
Politik sei eine ernste Sache, daher brauche sie ernsthafte Politikerinnen und Politiker, schrieb Nina Hoppe an dieser Stelle also jüngst. Und: Spaßkandidaturen seien „demokratiegefährdend“und beruhten auf populistischen Argumentationen.
Der Populismus-Vorwurf ist leicht entkräftet: Populismus bedeutet, die Welt als einen radikalen Gegensatz zwischen dem „wahren Volk“und einer korrupten Elite zu sehen. Ein zentraler Wesenszug von Populisten ist, dass sie sich als einzig legitime Stimme dieses „wahren Volkes“sehen. Schon allein diese Selbsterhöhung verträgt sich nur schwer mit jeder Art von Selbstironie, wie sie Spaßvögeln à la Marco Pogo im besten Falle eigen ist. Hinzu kommt, dass selbst populistische Argumentationen ihre demokratische Berechtigung haben können. Jörg Haiders Kritik an den „Altparteien“etwa beruhte auf einer korrekten Bestandsaufnahme des rot-schwarzen Machtduopols der Nachkriegszeit und der damit einhergehenden Gemengelage von Korruption und Klientelismus. Problematisch an Haider war vielmehr sein Hang zu NS-Verharmlosung, Fremdenfeindlichkeit und Missachtung des Rechtsstaates.
Es ist empirisch schwer festzumachen, was als Spaßprojekt gelten soll und was nicht. Wo zwischen Pogo, Richard Lugner, Gerald Grosz, Frank Stronach und dem Team Strache der Ernst beginnt und der Spaß aufhört, ist mit freiem Auge kaum zu erkennen. Die Grenze verschwimmt aber nicht, weil die sogenannten Spaßvögel immer ernsthafter auftreten, sondern weil manche der vorgeblichen Nichtspaßpolitiker immer weniger ernst zu nehmen sind.
Politischer Spaßfaktor
Und zu guter Letzt: Politik darf auch unterhaltsam sein. Wäre sie das nicht (zumindest auch), wäre das politische Interesse der Wählerinnen und Wähler erst recht im Keller – und das hätte wohl negative Auswirkungen auf Wahlbeteiligung und politisches Engagement im Allgemeinen. Dass Inhaltsleere nicht automatisch die Kehrseite eines höheren politischen Spaßfaktors ist, haben in den letzten Jahren nicht zuletzt jene Spitzenpolitiker demonstriert, deren Handeln weder von programmatischem Tiefgang noch von großem Unterhaltungswert gekennzeichnet war.
LAURENZ ENNSER-JEDENASTIK ist Politologe in Wien.