Kein Griss um die Kandidatur
Dass es beim zweiten Antreten eines amtierenden Bundespräsidenten kein großes Griss um eine eher aussichtslose Gegenkandidatur gibt, ist nichts Neues: Das war schon 1980 und 2010 der Fall. Stand heute haben 17 Personen ihre Kandidatur angekündigt. Wie ernst die das alle meinen? Das können wir nicht überprüfen, und es ist auch reichlich egal – wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, die die Bundesverfassung und das Bundespräsidentenwahlgesetz vorgeben, werden sie auf dem Stimmzettel stehen.
Die Anzahl und Stärke der Herausfordernden hat allerdings einen Einfluss auf die Wahlkampfstrategie des Amtsinhabers. Wie geht man mit Fernsehkonfrontationen und ähnlichen Veranstaltungen um, wenn das Gegenüber in den Umfragen weit entfernt von einem Einzug in eine mögliche Stichwahl ist? Hier werden Van der Bellen und sein Team einiges an Fingerspitzengefühl beweisen müssen.
Schwieriger Rollenwechsel
Für Van der Bellen selbst scheint der Rollenwechsel zwischen Präsident und Kandidat nicht einfach zu sein, wie ein unvorbereitet wirkender Auftritt in der ZiB 2 am Tag der Bekanntgabe seiner Kandidatur gezeigt hat. Er wird daher auf einen Wahlkampf setzen, der seine Stärke der staatstragenden Gelassenheit in den Mittelpunkt stellt. Ob hierbei Platz für eine direkte Konfrontation mit seinen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern sein wird, wird auch davon abhängen, wie das Feld schlussendlich wirklich aussieht. Van der Bellen wird jedenfalls aufpassen müssen, dass seine Strategie nicht als Geringschätzung des politischen Wettbewerbs aufgefasst wird. In Deutschland oder auch Italien gibt es regelmäßig hitzige Debatten darüber, wer mit wem in TV-Duellen auftritt – oder eben nicht.
Wer und wie viele auch immer im Oktober gegen Van der Bellen antreten: „Demokratiegefährdende“Kandidatinnen und Kandidaten werden ziemlich sicher keine dabei sein. Ich traue unserer Demokratie zu, dass sie ein breites Spektrum der „Ernsthaftigkeitsskala“aushält. Die größte Gefahr, die ihr bei dieser Bundespräsidentenwahl drohen könnte, sind wohl schlecht klebende Wahlkuverts.
LORE HAYEK ist Assistenzprofessorin für österreichische Politik und politische Bildung an der Universität Innsbruck.