Kein Spaß für Van der Bellen
Die gute Nachricht an alle Bedenkenträger und Demokratiekassandras vorweg: Alexander Van der Bellen wird bis 2028 Bundespräsident bleiben! Daran werden weder Gerald Grosz noch ein FPÖKandidat etwas ändern. Und auch nicht Dominik Wlazny, alias Marco Pogo, Musiker, Arzt und Bierfabrikant. Dass mit ihm auch ein Kandidat antreten will, der dem grünaffinen Lager zuzurechnen ist, obwohl doch ein grüner Amtsinhaber ein zweites Mal antritt, ist aber interessant.
Jedenfalls droht eine sehr niedrige Wahlbeteiligung, möglicherweise sogar unter 50 Prozent. Denn 2016 war das Hauptmotiv der Van-der-Bellen-Wählerschaft nicht eine Stimme für den Kandidaten, sondern „Hofer verhindern“. Und ob ÖVP-Kreise, denen die Grünen jetzt schon ordentlich auf die Nerven gehen, diesmal wieder Van der Bellen wählen werden, ist mehr als fraglich. Auch bei Linken und Liberalen hat sich Unmut über seine zögerliche Performance breitgemacht: keine Kritik an den korruptiven Umtrieben der türkisen Kurz-Truppe. Keine Mahnung in Richtung des völlig missglückten Corona-Managements. Und kein Wort eines sozialen Gewissens angesichts der enormen Teuerungswelle.
Das ist die Schneise, durch die Pogo jetzt einfallen will. Er spürt die Unzufriedenheit eines großen Wählersegments, stellt er doch in elf Wiener Bezirken Bezirksräte, die, wie man hört, recht aktiv mitarbeiten.
Ihn jetzt als Förderer eines ungehemmten Alkoholmissbrauchs zu diffamieren oder gar zur Gefahr für die Demokratie zu stilisieren ist absurd. Er nützt ein Vakuum, das andere politische Kräfte durch Absenz erzeugt haben, für seine Zwecke aus. Da mag es durchaus auch um die Vermarktung seines „Turbobiers“gehen. Aber dass Pogo keine politische Agenda habe, ist eine Unterstellung. Und dass er soziale Verantwortung zu tragen bereit ist, haben seine Aktivitäten zur Hebung der Impfquote unter Jugendlichen bewiesen. Die Sorge des Van-der-Bellen-Lagers ist daher verständlich. Wenn ihn nur Grünnahe wählen, könnte es für den Amtsinhaber eine unliebsame Überraschung geben. Aber bitte nicht das Ende der Demokratie heraufbeschwören, wenn Spaßkandidaten aller Nuancierungen antreten. Denn: siehe ersten Satz.
JOSEF KALINA ist Inhaber der PR-Agentur Unique Relations und ehemaliger SPÖ-Bundesgeschäftsführer.