Salbe für die Seele
Was muss ein Lieblingsbuch können? Es muss Trost spenden, eine Inspirationsquelle sein, und man sollte es gerne und ohne unangenehm missionarisch zu wirken, anderen schenken können, man soll sich in ihm auskennen und wohlfühlen, man sollte es im Dunkeln finden und wissen, dass es einem ein Freund ist. All das und noch viel mehr vereint Findet mich das Glück? (Walther-König-Verlag, € 10,30, 2003) des Künstlerduos Peter Fischli & David Weiss aus der Schweiz. Dieses kleine Buch enthält nichts als Fragen, auf die man nicht mal mehr eine Antwort zu geben braucht, es sind metaphysische Suggestivfragen, die Schmerzen lindern wie eine Salbe für die Seele. Das Büchlein ist Denkanstoß und Mutmacher in konfusen Zeiten aus Blei, weil es nicht mal so tut, als biete es Lösungen an, es redet nicht um den Brei herum, sondern fragt einfach: „Sind Außerirdische schon lange als Joghurt unter uns?“Kinder können das Buch verstehen, und Kluge, Klempner und Hebammen verstehen es, selbst die Katze, die ich nicht habe, versteht es. Idioten können es allerdings nicht verstehen, denn sie würden sich nie die Frage stellen: „Warum geschieht nie nichts?“Ich hab mal mit David Weiss einen vergnüglichen Abend in Zürich verbracht, ich hab ihn nie etwas gefragt, weil er mit seinem Partner bereits alles mit Fragen beantwortet hat. Nun ist er tot und beantwortet sich selbst die Frage: „Soll ich Russland überfallen?“
Tex Rubinowitz, geb. 1961, lebt als Schriftsteller und Cartoonist in Wien. 2014 gewann er mit dem Text „Wir waren niemals hier“den Bachmann-Preis.