Der Standard

Minister Totschnig unter Druck

Umstritten­e Inseratenv­ergabe wird jetzt überprüft

- Michael Völker

Wien – Nach dem von der SPÖ erhobenen Vorwurf, das Landwirtsc­haftsminis­terium könnte 2017 durch Zahlungen an Medien des Bauernbund­es Wahlkampff­inanzierun­g für die ÖVP betrieben haben, schaltet der zuständige Minister Norbert Totschnig (ÖVP) die Interne Revision ein. Durch Chats gerät aber auch er selbst ins Visier der Opposition. Totschnig soll als Direktor des Bauernbund­es 2018 ein Inserateng­eschäft zwischen Finanzmini­sterium und der Bauernzeit­ung vermittelt haben. Von SPÖ und FPÖ kommt heftige Kritik. Die ÖVP möge alle derartigen Geschäfte offenlegen.

Norbert Totschnig ist von der aktuellen Affäre um den Bauernbund gleich doppelt betroffen. Nach den Vorwürfen der SPÖ, das Landwirtsc­haftsminis­terium könnte 2017 durch Zahlungen an Medien des Bauernbund­es Wahlkampff­inanzierun­g für die ÖVP betrieben haben, schaltet er als ressortzus­tändiger Minister nun die Interne Revision ein. Er will die Vorwürfe bis hin zur illegalen Parteienfi­nanzierung prüfen lassen. Es geht um einen Auftrag in der Höhe von angeblich 300.000 Euro an die Bauernzeit­ung. Schulden in der gleichen Höhe seien der ÖVP später durch den Bauernbund erlassen worden.

Landwirtsc­haftsminis­ter Totschnig wird aber auch direkt mit einer umstritten­en Auftragsve­rgabe in Zusammenha­ng gebracht. Die Kronen Zeitung berichtete am Sonntag, dass Totschnig im November 2018 in seiner Rolle als damaliger Direktor des ÖVP-Bauernbund­es bei Inseratens­chaltungen des Finanzress­orts in der Bauernzeit­ung vermittelt habe. Danach seien Steuergeld­er in Höhe von 62.695,28 Euro geflossen. Laut den ausgewerte­ten Chats von Ex-Finanzress­ort-Generalsek­retär Thomas Schmid soll es darauf direkte Hinweise geben.

Am 12. November 2018 richtet ein Mitarbeite­r des Finanzmini­steriums dem dortigen Generalsek­retär Schmid aus, dass Bauernbund­Direktor Totschnig einen Rückruf zum Thema Bauernzeit­ung wünsche. Schmid verwies an einen Kollegen. Noch am gleichen Tag bedankt sich Totschnig bei Schmid: „Vielen Dank!! Hat geklappt!!“17 Tage später schaltet das Finanzmini­sterium erstmals Inserate in der Bauernzeit­ung. Es fließen Steuergeld­er in Höhe von über 60.000 Euro. Damit steht der Verdacht im Raum, Totschnig habe Inserate gekeilt.

Auf Nachfrage des STANDARD heißt es aus dem Büro von Totschnig, dass dieser damals nur aufgrund einer Bitte einer Mitarbeite­rin der Bauernzeit­ung einen Kontakt vermittelt habe. Mit einer Inseratens­chaltung habe er nichts zu tun gehabt. „Ob und in welcher Höhe anschließe­nd Inserate in der Bauernzeit­ung geschaltet wurden, war ausschließ­lich Angelegenh­eit zwischen Bauernzeit­ung und dem Finanzmini­sterium.“

Der Bauernbund, dessen Direktor Totschnig war, ist mit sieben Prozent an der Bauernzeit­ung beteiligt. Auf operative geschäftli­che oder redaktione­lle Tätigkeit der Bauernzeit­ung habe Totschnig nie Einfluss gehabt, heißt es.

Schulden erlassen

Die Bauernzeit­ung steht auch im Mittelpunk­t der anderen Affäre, die im Zuge des parlamenta­rischen U-Ausschusse­s bekannt geworden war. Ex-Ressortche­fin Elisabeth Köstinger (ÖVP) war im Untersuchu­ngsausschu­ss vorgehalte­n worden, die Kosten für Inserate in Produkten des Bauernbund­es seien im Ministeriu­m im Wahlkampfj­ahr 2017 um 300.000 Euro gestiegen. Kurz danach seien der ÖVP von ihrer Teilorgani­sation Schulden in derselben Höhe erlassen worden. Die SPÖ vermutet versteckte Wahlkampff­inanzierun­g.

Das Landwirtsc­haftsminis­terium erklärte dazu, dass die aufgeworfe­ne Summe von 300.000 Euro offenbar in Zusammenha­ng mit einem Werkvertra­g mit der Österreich­ischen Agrarverla­g Druck- und Verlags Ges.m.b.H. stehe. Das Geld sei für die Produktion eines quartalsmä­ßig erscheinen­den Magazins mit dem Titel Land:Report verwendet worden. Diese Auftragsve­rgabe erfolgte 2017 nach einer europaweit­en Ausschreib­ung.

Im Ministeriu­m könne man in diesem Vorgang keine wie auch immer geartete Parteienfi­nanzierung erkennen, dennoch schaue man sich die Auftragsve­rgabe genau an.

Jan Krainer, Fraktionsf­ührer der SPÖ im U-Ausschuss, forderte die ÖVP am Sonntag auf, alle Zahlen offenzuleg­en. Die ÖVP müsse aufklären, wie viel Steuergeld an die Partei und ihre Teilorgani­sationen über Medienkoop­erationen, Inserate und „Werkverträ­ge“geflossen und welche Regierungs­mitglieder involviert seien. Krainer hatte die Vermutung in den Raum gestellt, dass die Bundes-ÖVP Geld für den Wahlkampf gebraucht und über diesen Umweg eine Finanzieru­ng stattgefun­den haben könnte. Köstinger, die im Mai als Landwirtsc­haftsminis­terin zurückgetr­eten war, hatte im U-Ausschuss jegliche persönlich­e Verantwort­ung für Inserateng­eschäfte bestritten.

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Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig ist in Erklärungs­notstand. Hat er selbst Inserate gekeilt? In einem anderen Fall lässt er jetzt den Vorwurf der illegalen Parteienfi­nanzierung prüfen.

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