Minister Totschnig unter Druck
Umstrittene Inseratenvergabe wird jetzt überprüft
Wien – Nach dem von der SPÖ erhobenen Vorwurf, das Landwirtschaftsministerium könnte 2017 durch Zahlungen an Medien des Bauernbundes Wahlkampffinanzierung für die ÖVP betrieben haben, schaltet der zuständige Minister Norbert Totschnig (ÖVP) die Interne Revision ein. Durch Chats gerät aber auch er selbst ins Visier der Opposition. Totschnig soll als Direktor des Bauernbundes 2018 ein Inseratengeschäft zwischen Finanzministerium und der Bauernzeitung vermittelt haben. Von SPÖ und FPÖ kommt heftige Kritik. Die ÖVP möge alle derartigen Geschäfte offenlegen.
Norbert Totschnig ist von der aktuellen Affäre um den Bauernbund gleich doppelt betroffen. Nach den Vorwürfen der SPÖ, das Landwirtschaftsministerium könnte 2017 durch Zahlungen an Medien des Bauernbundes Wahlkampffinanzierung für die ÖVP betrieben haben, schaltet er als ressortzuständiger Minister nun die Interne Revision ein. Er will die Vorwürfe bis hin zur illegalen Parteienfinanzierung prüfen lassen. Es geht um einen Auftrag in der Höhe von angeblich 300.000 Euro an die Bauernzeitung. Schulden in der gleichen Höhe seien der ÖVP später durch den Bauernbund erlassen worden.
Landwirtschaftsminister Totschnig wird aber auch direkt mit einer umstrittenen Auftragsvergabe in Zusammenhang gebracht. Die Kronen Zeitung berichtete am Sonntag, dass Totschnig im November 2018 in seiner Rolle als damaliger Direktor des ÖVP-Bauernbundes bei Inseratenschaltungen des Finanzressorts in der Bauernzeitung vermittelt habe. Danach seien Steuergelder in Höhe von 62.695,28 Euro geflossen. Laut den ausgewerteten Chats von Ex-Finanzressort-Generalsekretär Thomas Schmid soll es darauf direkte Hinweise geben.
Am 12. November 2018 richtet ein Mitarbeiter des Finanzministeriums dem dortigen Generalsekretär Schmid aus, dass BauernbundDirektor Totschnig einen Rückruf zum Thema Bauernzeitung wünsche. Schmid verwies an einen Kollegen. Noch am gleichen Tag bedankt sich Totschnig bei Schmid: „Vielen Dank!! Hat geklappt!!“17 Tage später schaltet das Finanzministerium erstmals Inserate in der Bauernzeitung. Es fließen Steuergelder in Höhe von über 60.000 Euro. Damit steht der Verdacht im Raum, Totschnig habe Inserate gekeilt.
Auf Nachfrage des STANDARD heißt es aus dem Büro von Totschnig, dass dieser damals nur aufgrund einer Bitte einer Mitarbeiterin der Bauernzeitung einen Kontakt vermittelt habe. Mit einer Inseratenschaltung habe er nichts zu tun gehabt. „Ob und in welcher Höhe anschließend Inserate in der Bauernzeitung geschaltet wurden, war ausschließlich Angelegenheit zwischen Bauernzeitung und dem Finanzministerium.“
Der Bauernbund, dessen Direktor Totschnig war, ist mit sieben Prozent an der Bauernzeitung beteiligt. Auf operative geschäftliche oder redaktionelle Tätigkeit der Bauernzeitung habe Totschnig nie Einfluss gehabt, heißt es.
Schulden erlassen
Die Bauernzeitung steht auch im Mittelpunkt der anderen Affäre, die im Zuge des parlamentarischen U-Ausschusses bekannt geworden war. Ex-Ressortchefin Elisabeth Köstinger (ÖVP) war im Untersuchungsausschuss vorgehalten worden, die Kosten für Inserate in Produkten des Bauernbundes seien im Ministerium im Wahlkampfjahr 2017 um 300.000 Euro gestiegen. Kurz danach seien der ÖVP von ihrer Teilorganisation Schulden in derselben Höhe erlassen worden. Die SPÖ vermutet versteckte Wahlkampffinanzierung.
Das Landwirtschaftsministerium erklärte dazu, dass die aufgeworfene Summe von 300.000 Euro offenbar in Zusammenhang mit einem Werkvertrag mit der Österreichischen Agrarverlag Druck- und Verlags Ges.m.b.H. stehe. Das Geld sei für die Produktion eines quartalsmäßig erscheinenden Magazins mit dem Titel Land:Report verwendet worden. Diese Auftragsvergabe erfolgte 2017 nach einer europaweiten Ausschreibung.
Im Ministerium könne man in diesem Vorgang keine wie auch immer geartete Parteienfinanzierung erkennen, dennoch schaue man sich die Auftragsvergabe genau an.
Jan Krainer, Fraktionsführer der SPÖ im U-Ausschuss, forderte die ÖVP am Sonntag auf, alle Zahlen offenzulegen. Die ÖVP müsse aufklären, wie viel Steuergeld an die Partei und ihre Teilorganisationen über Medienkooperationen, Inserate und „Werkverträge“geflossen und welche Regierungsmitglieder involviert seien. Krainer hatte die Vermutung in den Raum gestellt, dass die Bundes-ÖVP Geld für den Wahlkampf gebraucht und über diesen Umweg eine Finanzierung stattgefunden haben könnte. Köstinger, die im Mai als Landwirtschaftsministerin zurückgetreten war, hatte im U-Ausschuss jegliche persönliche Verantwortung für Inseratengeschäfte bestritten.