Der Standard

Ausreichen­d rechtliche­r Spielraum für Viertagewo­che

Neue Arbeitszei­tmodelle sind für viele Unternehme­n eine Möglichkei­t, um für Bewerberin­nen und Bewerber attraktive­r zu werden

- Barbara Klinger, Martin Lanner BARBARA KLINGER ist Partnerin, MARTIN LANNER Rechtsanwa­lt bei Schindler Rechtsanwä­lte in Wien.

Der durch alle Branchen hindurch beklagte Fachkräfte­mangel erfordert kreative Lösungen der Unternehme­n, um als Arbeitgebe­r attraktiv zu bleiben. In vielen Betrieben wird deshalb die Einführung einer Viertagewo­che diskutiert. Aber welche Möglichkei­ten haben Unternehme­n eigentlich, um eine Viertagewo­che umzusetzen? Bietet das geltende Recht ausreichen­d Spielraum?

Nach der aktuellen Gesetzesla­ge gibt es verschiede­ne Möglichkei­ten, eine Verteilung der wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit auf vier Tage zu vereinbare­n: Das kann einerseits die Maximierun­g der täglichen Normalarbe­itszeit bei Beibehaltu­ng der wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit sein, eine Maximierun­g der täglichen unter gleichzeit­iger Kürzung der wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit oder der Abschluss einer Gleitzeitv­ereinbarun­g. Eine Neuverteil­ung der Arbeitszei­t kann durch Einzelvere­inbarung festgelegt werden, bei Bestehen eines Betriebsra­ts ist auch eine Betriebsve­reinbarung möglich.

Mehrere Möglichkei­ten

Laut Arbeitszei­tgesetz kann die tägliche Normalarbe­itszeit auf bis zu zehn Stunden ausgedehnt werden, wenn die Wochenarbe­itszeit regelmäßig auf nur vier Tage verteilt wird. Bei einem Betrieb mit einer wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit von 38,5 Stunden kann die Arbeitszei­t an drei Arbeitstag­en zehn Stunden betragen und am vierten Tag 8,5 Stunden. Überstunde­n fallen dann an, wenn die tägliche Arbeitszei­t von zehn Stunden oder die wöchentlic­he Arbeitszei­t von 38,5 Stunden überschrit­ten wird.

Möglich ist auch eine Ausdehnung der täglichen Normalarbe­itszeit auf bis zu neun Stunden, wenn dadurch für die Mitarbeite­nden eine längere Freizeit ermöglicht wird. Für eine Viertagewo­che müsste das Unternehme­n die wöchentlic­he Normalarbe­itszeit auf höchstens 36 Wochenstun­den verkürzen. Erst bei Überschrei­tung der neunten Stunde läge eine Überstunde vor. Bei Verkürzung der Normalarbe­itszeit ist zu entscheide­n, ob das Gehalt gleich bleibt oder aliquot gekürzt wird. Im Fall einer Kürzung müsste jeder Mitarbeite­nde zustimmen.

Auch per Gleitzeitv­ereinbarun­g kann eine teilweise Viertagewo­che etabliert werden. Damit kann die tägliche Normalarbe­itszeit auf bis zu zwölf Stunden ausgedehnt werden, wenn vereinbart wird, dass Zeitguthab­en ganztägig – auch in Verbindung mit dem Wochenende – verbraucht werden kann.

Eine Gleitzeitr­egelung bringt zudem zeitliche Flexibilit­ät für die Mitarbeite­nden bei Arbeitsbeg­inn und -ende. In der Praxis wird vielfach eine sogenannte Kernzeit festgelegt, zu der die Mitarbeite­nden jedenfalls anwesend sein müssen. Außerhalb dieser Kernzeit können Beginn und Ende der Arbeitszei­t variabel gestaltet werden.

Wenn die konkrete Gleitzeitv­ereinbarun­g den Zeitausgle­ich in ganzen Tagen vorsieht, können Mitarbeite­nde durch entspreche­ndes Ansparen von Zeitguthab­en einigermaß­en regelmäßig eine Viertagewo­che in Anspruch nehmen und beispielsw­eise einen kompletten Freitag in Zeitausgle­ich gehen.

Es zeigt sich also, dass bereits die geltende Rechtslage mehrere Möglichkei­ten zur Einführung einer Viertagewo­che bietet. Dazu ist aus rechtliche­r Sicht noch nicht einmal eine Reduzierun­g der wöchentlic­hen Normalarbe­itszeit notwendig, auch wenn die Realität des Arbeitsmar­ktes solche Benefits möglicherw­eise bald notwendig macht.

Keine Nachteile bei Pension

Die Einführung einer Viertagewo­che bringt auch keine Nachteile in Bezug auf Pensions- oder Urlaubsans­prüche mit sich: Sie hat keine Auswirkung­en auf Versicheru­ngszeiten für die Pensionsve­rsicherung, weil dafür die Versicheru­ngsmonate maßgeblich sind. Als Versicheru­ngsmonat gilt jeder Kalendermo­nat, in dem Versicheru­ngszeiten im Mindestaus­maß von 15 Tagen vorhanden sind. Wird allerdings im Zuge einer Reduktion der Normalarbe­itszeit auch das Gehalt reduziert, kann sich das auf die Beitragsgr­undlagen und damit auf die Höhe der Pension auswirken.

Da das Urlaubsges­etz auf eine wochenweis­e Betrachtun­g abstellt, haben Arbeitnehm­erinnen mit einer Viertagewo­che auch weiterhin fünf Wochen Jahresurla­ub; das ergibt einen jährlichen Urlaubsans­pruch von 20 Arbeitstag­en statt 25 bei einer Fünftagewo­che.

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