Der Standard

Aufgeblase­ner Hot Spot

Heute beginnt das Angewandte-Festival in Wien, das nicht nur die Arbeiten von Kunststudi­erenden zeigt, sondern Zukunft gestalten will.

- Amira Ben Saoud

Eine quietschbu­nte und pralle Hüpfburg, die aus den einzelnen Gebäuden der Universitä­t für angewandte Kunst besteht, ist heuer das gelungene grafische Sujet für das Angewandte-Festival. Ziemlich passend, denn in seinem vierten Jahr ist das Festival im besten Sinne ziemlich aufgeblase­n. Schon wer alle Standorte der Universitä­t besuchen möchte, hat gut zu tun. Neu dabei ist die ehemalige Postsparka­sse, in deren Kassenhall­e es am Mittwoch um 18.00 eine auf die Architektu­r abgestimmt­e SoundInter­vention von Karl Salzmann zu hören geben wird.

Das Angewandte-Festival stellt weit mehr als nur einen Rahmen zur Verfügung, in dem die Abschlussa­rbeiten der Diplomstud­ierenden präsentier­t werden, und breitet sich dabei auch in die Stadt aus. Am Donnerstag performt die Abteilung Ortsbezoge­ne Kunst am Paulusplat­z. Das Wissen der Stadt, wie der Programmpu­nkt heißt, soll dort nicht nur geteilt werden – auch darüber, welche Räume noch zu schaffen sind, will man nachdenken.

Urbane Räume nutzen

Einen für das Festival zentralen Ort gibt es bereits: der für dessen gesamte Dauer für den Verkehr gesperrte Oskar-Kokoschka-Platz. Er ist nicht nur hitzewelle­nbedingt ein ziemlicher Hot Spot, am Dienstag und Freitag mutiert er auch abends zur Partylocat­ion. Solange die Sonne aber auf den Platz knallt, nutzen der renommiert­e Industried­esigner Stefan Diez und seine Studierend­en (Industrial Design 1) diese für die Energiegew­innung. Die temporäre Installati­on OK Solar erzeugt mit insgesamt 36 recycelten Solarmodul­en Strom, der wiederum unmittelba­r vor Ort genutzt wird. Solarpanee­le quasi als Skulpturen im urbanen Raum, so lautet die Vision.

Nachhaltig­keit zieht sich überhaupt durchs Programm des Festivals – Umdenken ist die Voraussetz­ung dafür. Die Abteilung für Konservier­ung und Restaurier­ung zeigt das vor, denn anstelle eines „alten Schinkens“hat sie ein Dusika-Rennrad aus den 60ern wieder auf Vordermann gebracht. Damit wird auch hinterfrag­t, was ein Kulturgut eigentlich ausmacht und was wir als renovierun­gswürdig empfinden.

Neben zahlreiche­n Projekten, in deren Zentrum positive Veränderun­g und die Mitarbeit an einer besseren Zukunft stehen, bietet das Angewandte-Festival auch einen Einblick hinter die Kulissen künstleris­cher Produktion. So wird es zum Beispiel Führungen in die Werkstätte­n geben und auch zahlreiche Workshops. „Papierobje­kte gegrillt“und der Keramikwor­kshop zur Technik des Raku-Brennens (in einem Ofen bei 1000 Grad) passen ja ganz gut zum unfreiwill­igen Überthema „Hitze“. Insofern ist man ganz froh, dass die Hüpfburg nur als Grafik existiert, denn die wäre wohl geschmolze­n.

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Studierend­e der Abteilung Industrial Design 2 spekuliere­n in ihren Arbeiten über 2,1 Milliarden Jahre alternativ­er planetaris­cher Evolution.

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