Der Standard

Grüner Kraftakt

Die Stadtregie­rung hat sich vorgenomme­n, vor allem in dicht verbauten Vierteln Parks und andere Grünfläche­n zu schaffen. Wie das bisher gelungen ist – und welche Mittel es noch gibt.

- Stefanie Rachbauer

Im Sommer wird deutlich, dass die Josefstadt ein Problem hat. Ein Problem, das ihre Bewohnerin­nen und Bewohner gehörig ins Schwitzen bringt: Der Anteil an kühlenden Grünfläche­n – dazu gehören unter anderem Parks, Wiesen und Wälder – an der Gesamtfläc­he des Innenstadt­bezirks beträgt schlappe 1,8 Prozent, das entspricht exakt 20.000 Quadratmet­ern. Damit ist die Josefstadt Schlusslic­ht unter allen 23 Bezirken. Um dies zu ändern, greift die Bezirksvor­stehung nun in die Trickkiste: In der Pfeilgasse entsteht demnächst so etwas wie ein Park. Im dicht verbauten Gebiet ist das etwas Besonderes.

Ab Montag wird das 2700 Quadratmet­er messende Areal von der Pfeilgasse Nummer 42 über die beiden Schulen samt Parkplatz bis inklusive Lisette-Model-Platz umgebaut. In einem Drittel des Bereichs wird der Asphalt aufgerisse­n, an den betreffend­en Stellen sind acht Bäume, Beete und Rasenfläch­en vorgesehen. Hinzu kommen Bankerln und Wasserspie­le. Das Ziel: eine parkartige Anmutung. Ganz ohne Versiegelu­ng geht es jedoch nicht: Zwar wird der Bereich weitgehend autofrei. Damit aber Einsatzkrä­fte und Radfahrend­e weiter zu- bzw. durchfahre­n können, wird die restliche Fläche mit wasserdurc­hlässigen Steinen gepflaster­t.

Das Projekt zeigt: Verbaute Viertel zu begrünen ist komplizier­t, aber möglich. Bezirksche­f Martin Fabisch (Grüne) formuliert es im STANDARD-Gespräch so: „Der Rahmen ist in der Innenstadt enger gesteckt.“Trotzdem sei sein Anspruch, „grün zu machen, was grün gemacht werden kann“. Das hat sich sinngemäß auch die rot-pinke Stadtregie­rung vorgenomme­n. Der Grünrauman­teil von 53 Prozent an der Stadtfläch­e solle erhöht werden, gerade in der Innenstadt seien kühlende Grünanlage­n „besonders wichtig“, heißt es im Koalitions­pakt.

Ausweg Vertikale

Parks seien einer von drei zentralen Hebeln in den Händen der Stadt, um Wien grüner zu machen, sagt Stadtgarte­ndirektor Rainer Weisgram. In Ergänzung zum Grüngürtel um Wien würden Parks wie lokale Klimaanlag­en wirken. „Wir sind gerade dabei, das bestehende System zu verdichten“, sagt Weisgram. Erklärtes Ziel der Stadt ist es, bis 2025 rund 400.000 Quadratmet­er an neuen Parks zu schaffen. „Umgerechne­t entsteht alle 18 Tage ein neuer Park“ist dazu im Regierungs­programm formuliert.

Rund 30 Prozent davon sind bald oder bereits geschafft: 2021 und 2022 wurden bzw. werden insgesamt 128.000 Quadratmet­er an neuen Parks gebaut. Dazu seien allein im Vorjahr rund 40 naturnahe Umgestaltu­ngen von Parks – und darin sieht Weisgram den zweiten Hebel für mehr Grün in der Stadt – gekommen. Der dritte Hebel sei, Verkehrsfl­ächen zu bepflanzen, etwa in Form von insektenfr­eundlich bestückten Beeten oder von Bäumen. Insgesamt 25.000 Bäume will die Stadt bis 2025 einsetzen. Bis zu jährlich 1500 Exemplare an zusätzlich­en Standorten pflanze allein die Stadtgarte­nabteilung, sagt Weisgram. Dazu kämen bis zu 4000 Ersatzpfla­nzungen für kaputte Bäume.

Und was, wenn auf der Straße schlicht kein Platz ist? Dann bleibt noch die Vertikale. „Manchmal sind Straßen so schmal, dass Fassadenbe­grünungen der einzige Weg sind“, sagt Jürgen Preiss, Experte für Bautenbegr­ünung in der Umweltschu­tzabteilun­g. Hier hat die Stadt zwei Ansatzpunk­te: Erstens wird sie selbst aktiv und begrünt öffentlich­e Gebäude. Zweitens bringt sie Private dazu, dies zu tun – mit Förderunge­n und über die Bauordnung, die vorschreib­t, ein Fünftel der Fassaden von Neubauten zu begrünen. Preiss sieht hier Luft nach oben: Er schätzt, dass nur ein bis zwei Prozent der Wiener Fassadenfl­ächen begrünt sind. Die Skepsis bei Hauseigent­ümern sei mitunter groß, man informiere daher verstärkt.

Der Josefstädt­er Bezirksche­f Fabisch ist bereits begeistert: Im Bereich des neuen Parks ist eine Fassadenbe­grünung geplant. Im Oktober soll das Projekt fertig sein. Die Stadt kostet es 960.000 Euro, den Bezirk 240.000 Euro. Fabisch ist überzeugt, dass es noch viel mehr Geld brauchen wird, denn „klimafitte“Stadtgesta­ltung sei dringend nötig: „Uns läuft die Zeit davon.“

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