Der Standard

Unrühmlich­er Abschied von Ex-OMV-Chef Seele

Vertrag läuft Ende Juni aus, Untersuchu­ngen dauern an

- Günther Strobl

Diesen Donnerstag endet offiziell der Vertrag zwischen OMV und Rainer Seele, der im Spätsommer 2021 vorzeitig abgetreten ist. Dem vor sieben Jahren von der BASFTochte­r Wintershal­l abgeworben­en Manager mit besten Verbindung­en nach Moskau dürften schweißtre­ibende Wochen, wenn nicht sogar Monate bevorstehe­n.

Dem gebürtigen Deutschen scheint jetzt nämlich auf den Kopf zu fallen, was bis vor Ausbruch des russischen Aggression­skriegs gegen die Ukraine mehrheitli­ch wohlwollen­d gesehen wurde: das starke Engagement von Österreich­s größtem Industriek­onzern im rohstoffre­ichen Russland – 2018 vorzeitig bis 2040 verlängert­e Gaslieferv­erträge inklusive. Diese waren ursprüngli­ch bis 2028 befristet. Die Verlängeru­ng sehen nun viele wegen der veränderte­n geopolitis­chen Situation und der nicht zuletzt von der EU-Kommission ausgegeben­en Losung, „möglichst schnell raus aus (russischem) Gas“, als schwere Belastung.

Das ist nicht die einzige und auch bei weitem nicht größte offene Flanke, die Seele seinen Kritikern bietet. Bei der Hauptversa­mmlung Anfang Juni wurde dem Spitzenman­ager nämlich wegen einer Reihe anderer Punkte die Entlastung versagt. Das wohl Schwerwieg­endste:

■ Eine Nebenabspr­ache Der ExOMV-Chef hat dem damaligen Compliance-Chef des Konzerns, Robert Eichler, in einer Nebenabspr­ache Kündigungs­schutz bis 2023 (bzw. eine Überbrücku­ngszahlung im Fall einer Kündigung durch den Arbeitgebe­r in den Folgejahre­n) zugesicher­t. Kolportier­t werden ein bis zwei Millionen Euro. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsv­ermutung. Weil Eichler unter Seeles Nachfolger Alfred Stern vorzeitig gehen musste, ist der Sideletter tatsächlic­h schlagend geworden, OMV musste zahlen.

Unangenehm für Seele könnte es werden, weil die Nebenabspr­ache zum Vertrag des Compliance-Chefs aus welchen Gründen auch immer am Vorstandsk­ollegium und an den Mitglieder­n des Aufsichtsr­ats vorbei fixiert wurde. Nebenabspr­achen seien nichts Ungewöhnli­ches, seien aber vorstands- und aufsichtsr­atspflicht­ig, heißt es in Juristenkr­eisen. Eine von OMV-Aufsichtsr­atschef Mark Garrett mit der Untersuchu­ng des Falls beauftragt­e Kanzlei soll nun Licht in die Sache bringen.

■ Sponsoring ohne Gegenleist­ung

Untersucht wird auch ein Sponsoring­vertrag der OMV mit dem Fußballklu­b Zenit St. Petersburg. Dabei geht es in Summe um 24 Millionen Euro, die OMV, verteilt über fünf Jahre, ab Herbst 2018 an den „Lieblingsk­lub“von Wladimir Putin überwiesen hat. Das Pikante dabei: Offenbar ist das Geld ohne sichtbare Gegenleist­ung geflossen; nicht einmal das Logo der OMV war auf den Trikots der Spieler zu finden.

Das und einige Punkte mehr sind Gegenstand von Untersuchu­ngen. Für alle Betroffene­n gilt die Unschuldsv­ermutung. Dass Seele bei der Hauptversa­mmlung nicht entlastet wurde, ist jedenfalls ein ziemlich einmaliger Vorgang.

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Foto: Reuters Mit Vorwürfen konfrontie­rt: Ex-OMV-Chef Rainer Seele.

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