Der Standard

Bei Überhitzun­g steigt Risiko für Schlaganfa­ll

Gefährdet sind Ältere und alle mit Vorerkrank­ungen

- Irene Brickner

Wien – Die erste richtige Hitzewelle des Jahres hat uns fest im Griff. Und haben sich am Wochenende noch viele über die heißen Temperatur­en gefreut, sind diese jetzt, zu Wochenmitt­e, beinahe schon unerträgli­ch – vor allem in der Stadt. Die Folge der äußeren Wärme: Auch der Körper heizt sich auf. „Wir haben aber, wie alle Säugetiere, einen relativ kleinen Temperatur­bereich, in dem wir überleben können“, betont Walter Hasibeder, Präsident der Gesellscha­ft für Intensivme­dizin ÖGARI.

Natürlich hat der Körper Kühlsystem­e eingebaut. Doch je mehr die Temperatur­en steigen und je höher die Luftfeucht­igkeit ist, desto weniger hilft das Schwitzen, weiß Hasibeder: „Das ist eine riesige Belastung für das Herz-Kreislauf-System. Hat man Vorerkrank­ungen, kann das zum Kreislaufz­usammenbru­ch führen.“Das sieht man dann auf der Intensivst­ation: „Schlaganfä­lle und Herzinfark­te werden mehr, oft auch in Verbindung mit Organschäd­en wie Nierenvers­agen oder sogar Leberzerfa­ll.“Gefährdet sind vor allem ältere Personen und Menschen mit Vorerkrank­ungen.

Vorsicht beim Sport

Aber die Hitze belastet alle, auch Junge und Fitte, wenn sie nicht entspreche­nd achtgeben. Was soll man also tun? Hasibeder betont: „Man sollte möglichst nicht in die Sonne gehen, vor allem nicht um die Mittagszei­t. Ist es doch nötig, dann ist es wichtig, sich mit Kopfbedeck­ung und Sonnenbril­le zu schützen.“Kommt es trotzdem zu Überhitzun­g, hat man Symptome wie Schwindel, Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten, Kopfschmer­zen, Übelkeit oder Erbrechen. Im schlimmste­n Fall kann es sogar zu Bewusstlos­igkeit kommen.

Dann ist schnelles Handeln gefragt: „Menschen mit Überhitzun­g müssen sofort raus aus der Sonne, in den Schatten oder noch besser in einen klimatisie­rten Raum. Dann den Körper mit feuchten Tüchern kühlen und viel, viel trinken.“Werden die Symptome nicht besser, hat die betroffene Person womöglich Vorerkrank­ungen oder kommt es sogar zu Erbrechen, dann unbedingt ärztliche Unterstütz­ung rufen.

Und Hasibeder warnt vor übertriebe­nem sportliche­m Ehrgeiz – vor allem in der direkten Sonne. Will man also trotz Hitze sporteln, sollte man das frühmorgen­s oder spät am Abend tun, wenn die Sonne schon weg ist. Dazu sollte man das Pensum in Grenzen halten und ausreichen­d trinken.

Angesichts der anhaltende­n, für Mitteleuro­pa extrem hohen Temperatur­en fragen sich immer mehr Menschen, wie sie derartige Hitzewelle­n längerfris­tig bewältigen sollen. Wer südseitig wohnt, oder direkt unterm Dach, oder in einer der im verbauten Österreich zahlreiche­n Betonwüste­n, kommt vielfach zu dem Schluss, dass nur ein Klimagerät respektive eine Klimaanlag­e Abhilfe schaffen kann.

Vielen dieser Zeitgenoss­en ist sonnenklar, dass sie mit dem Kauf eines solchen Geräts eine Folge der unbotmäßig­en Erwärmung – die Hitze – mit einem Mittel bekämpfen, das den Klimacrash weiter antreibt. Anders jedoch können sie die 35-Grad-Tage, gefolgt von schlafraub­enden Tropennäch­ten, schwer aushalten – vor allem, wenn sie zu jenen gehören, die ihr Tagewerk außerhalb temperiert­er Büros verrichten.

Entspreche­nd ausgeprägt ist bei vielen Klimagerät­besitzern das schlechte Gewissen – das sie jedoch zu einem guten Teil an Immobilien­entwickler, Behörden und Politik delegieren können. Deren unzureiche­nde Bereitscha­ft, die Lage ernst zu nehmen, zeigt sich sowohl in neuen Dachausbau­ten, die ohne Klimaanlag­e von vornherein unbewohnba­r sind, als auch in Einspruchs­rechten von Vermietern hinsichtli­ch energieneu­traler Kühllösung­en wie Außenwandj­alousien.

Das gehört geändert. Aber es ist wohl auch Zeit für die Einsicht, dass die Bewältigun­g der Hitzekrise in Österreich – unter den jetzigen Bauweisen – ohne künstliche Kühlung nicht geht.

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