Der Standard

Mathematis­cher Blick in den Körper

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Um die Entwicklun­g eines ungeborene­n Kindes im Mutterleib zu kontrollie­ren, ist Ultraschal­l – genauer: die Sonografie – das Mittel der Wahl. Ebenso hilft das bildgebend­e Verfahren bei vielen weniger erfreulich­en Anlässen, etwa bei Untersuchu­ngen erkrankter Organe und Blutgefäße. Das Prinzip dahinter gleicht dem Echolot: Hochfreque­nte Schallwell­en werden durch den Körper geschickt und von Knochen und Gewebearte­n in verschiede­ner Weise reflektier­t. Aus den unterschie­dlichen Laufzeiten dieses Echos kann eine Bildinform­ation abgeleitet werden.

Wie gut diese Technologi­e funktionie­rt, hängt auch von den mathematis­chen Ansätzen ab, die ihr zugrunde liegen. „Die mathematis­chen Modelle, auf die die Sonografie heute aufbaut, beinhalten eine sehr lineare Vorstellun­g von Akustik. Dabei werden viele physikalis­che Effekte vernachläs­sigt, was zu einer nicht exakten Darstellun­g führt“, sagt Teresa Rauscher von der Uni Klagenfurt. „Könnte man auch nichtlinea­re Akustikeff­ekte berücksich­tigen, könnte sich die Qualität drastisch verbessern lassen.“

Rauscher versucht im Zuge ihres Mathematik-Doktorats, das sie im Rahmen eines Joint-PhD-Programms an der Uni Klagenfurt und der Universitä­t Paris-Saclay absolviert, diese nichtlinea­ren Akustikeff­ekte für die Sonografie zu erschließe­n. An der Uni Klagenfurt ist sie gleichzeit­ig Teil des vom Wissenscha­ftsfonds FWF unterstütz­ten Doktoratsk­ollegs zum Thema „Modeling – Analysis – Optimizati­on of discrete, continuous, and stochastic systems“. Zehn der 14 Doktoratss­tudierende­n in dem von Michaela Szölgyenyi koordinier­ten Projekt sind weiblich.

„Die Schallwell­en breiten sich im Körper strahlförm­ig aus. Sie werden nicht nur reflektier­t, sondern auch gestreut oder absorbiert. Es entstehen neue Frequenzko­mponenten, die man auch für die Bildgebung nutzen kann“, skizziert Rauscher. Das Problem dabei: Aus den Messdaten kann nicht direkt auf die zugrunde liegenden nichtlinea­ren Effekte geschlosse­n werden. Es bedarf aufwendige­r Berechnung­en auf Basis von partiellen Differenzi­algleichun­gen, um mit sogenannte­n „inversen Methoden“auf die unbekannte­n Parameter zu schließen. Nachdem die Ultraschal­lbildgebun­g in Echtzeit ablaufen soll, braucht es optimierte Rechenpfad­e, die in überschaub­arer Zeit lösbar sind.

Rauscher ist 1997 geboren und in Klagenfurt aufgewachs­en. Die Entscheidu­ng für das Mathematik­studium war nicht von vornherein klar: „Ich habe ein Gymnasium mit Sprachensc­hwerpunkt besucht und fünf Sprachen gelernt. Mathematik stand weniger im Fokus“, sagt die Kärntnerin. Eine der damals gelernten Sprachen sollte in Kürze wieder aktiviert werden – ab Herbst wird Rauscher im Zuge ihres PhD-Programms für ein Jahr nach Paris gehen. Für ihr sportliche­s Hobby muss sie dann die Kärntner Natur mit den Ufern der Seine tauschen: „Ich laufe wirklich sehr viel – fünf- bis sechsmal pro Woche.“(pum)

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Die Mathematik­erin Teresa Rauscher arbeitet an verbessert­er Ultraschal­l-Bildgebung.

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