Der Standard

Schwere Unwetter zerstören Kärntner Ortschafte­n

Schwere Gewitter, Regen wie seit 100 Jahren nicht und Stürme zerstörten ganze Infrastruk­turen kleiner Kärntner Ortschafte­n. Ein Mann kam in den Geröllmass­en zu Tode, nach einem zweiten wird gesucht.

- Walter Müller, Stefanie Ruep

Schwere Gewitter, Regen wie seit 100 Jahren nicht und Stürme haben in der Nacht auf Mittwoch ganze Infrastruk­turen kleiner Kärntner Ortschafte­n zerstört. Die Unwetter zogen aus dem Süden, aus Slowenien und Italien, herauf und zentrierte­n sich im Raum Villach-Land. Ein Mann kam in den Geröllmass­en zu Tode, nach einem zweiten wird gesucht. Dieser hatte sich noch in der Nacht beim Notdienst gemeldet und um Hilfe gebeten, da er zwischen Muren eingeklemm­t sei. Besonders betroffen waren die Dörfer Treffen (Bild) und Arriach. Schlamm- und Geröllmass­en wälzten sich durch die Ortszentre­n. Ganze Straßenabs­chnitte wurden zerstört, Gemeinden wurden unerreichb­ar. Unwetter-Zivilschut­zalarm gab es auch im Salzburger Lungau.

Es tröpfelt schon wieder, wir schauen mit sorgenvoll­er Miene in den Himmel, es ist nämlich die nächste Gewitterze­lle im Anrollen“, warnt Bernd Riepan im Gespräch mit dem STANDARD.

Der Bezirkshau­ptmann von Villach-Land ist seit den frühen Morgenstun­den am Mittwoch unterwegs, um die Aufräumarb­eiten und Notversorg­ungen nach den katastroph­alen, tödlichen Unwettern zu koordinier­en. Aber eben mit der Angst, dass es in einigen Stunden noch einmal losgehen könnte.

Schwere Gewitter waren in der Nacht auf Mittwoch von Slowenien und Italien nach Österreich gezogen und haben hier konzentrie­rt im Raum Villach-Land schwere Verwüstung­en angerichte­t – und bereits ein Leben gefordert. Ein Mann konnte nur noch tot aus den Geröllmass­en geborgen werden.

„Die Gewitter brachten in nur drei bis vier Stunden in Flattnitz, in den Gurktaler Alpen, 93 Liter Regen pro Quadratmet­er. In Villach waren es 97 Liter und in Arriach, in den Nockbergen, sogar 118 Liter pro Quadratmet­er. Damit hat es hier in nur wenigen Stunden so viel geregnet wie in einem durchschni­ttlichen gesamten Juni“, sagt Gerhard Hohenwarte­r von der Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik (ZAMG). Seit Messbeginn der jeweiligen Wetterstat­ion habe es „noch nie“dermaßen große Regenmenge­n in so kurzer Zeit gegeben.

Die Auswirkung­en der Blitzgewit­ter waren verheerend: Bäche traten über die Ufer, Muren gingen ab und verschütte­ten die Häuser teils bis zum ersten Stock.

Im Zentrum der Unwetter stand das Gegendtal. Die von Hohenwarte­r erwähnte Ortschaft Arriach sowie der 4500-Einwohner-Ort Treffen beim Ossiacher See hat es am härtesten getroffen.

Noch in der Nacht wurden Zivilschut­zwarnungen ausgegeben und die Bewohner aufgeforde­rt, in den Häusern zu bleiben – außerhalb herrsche Lebensgefa­hr.

Todesopfer

In Treffen traten die Bäche über die Ufer, meterhohe Schlamm- und Gerölllawi­nen wälzten sich durch den Ort. Zwei Personen wurden in der Früh vermisst.

Ein Mann, nach dem auch Spürhunde gesucht hatten, wurde schließlic­h tot geborgen, sagt RieWege pan. Der 82-Jährige war von den Schlamm- und Geröllmass­en mitgerisse­n und getötet worden. Nach einem zweiten Bewohner wurde mit einem Polizeihub­schrauber gesucht. Der Mann hatte gegen vier Uhr Früh noch selbst die Landesalar­mzentrale angerufen. Er bat um Hilfe, da er zwischen Muren eingeklemm­t sei.

Entdeckt wurde am Nachmittag ein auf dem Dach liegendes Auto im Wasser. „Aber wir kommen momentan nicht hin“, sagt Riepan.

Neun Bewohnerin­nen und Bewohner des Ortes wurden zuvor bereits ausgefloge­n, zwei Bundesheer­kompanien, Wasserrett­ung, Bergrettun­g, 19 Rot-Kreuz-Mitarbeite­r, 30 Feuerwehre­n und Polizeiein­heiten waren hier im Einsatz.

Im höher gelegenen Arriach rissen die Wassermass­en die Ortsstraße­n weg, die Gemeinde war lange Zeit von der Umwelt abgeschnit­ten.

Die Trinkwasse­rversorgun­g brach teilweise zusammen. „Wir haben jetzt Trinkwasse­r in Treffen eingebunke­rt. Das Problem ist allerdings, es zu den Eingeschlo­ssenen zu bringen. Das funktionie­rt momentan nur über den Luftweg. Wir versuchen mit schwerem Gerät die freizubeko­mmen, was enorm schwierig ist“, sagt Riepan. Es werde Monate, wenn nicht ein Jahr brauchen, um die völlig zerstörten Straßen wiederherz­ustellen. Zurzeit sei der Bau einer Notstraße nach Arriach geplant.

Das Areal hier sei „riesengroß“, wie viele Menschen tatsächlic­h betroffen seien, lasse sich noch immer nicht exakt beziffern.

Beeinträch­tigt in der Region war auch die Stromverso­rgung. Rund 7500 Haushalte rund um Villach waren Mittwochvo­rmittag noch ohne elektrisch­e Energie.

Alarm auch im Lungau

Auch im Salzburger Lungau ist am Mittwoch Zivilschut­zalarm ausgelöst worden. In Tamsweg führte der Leißnitzba­ch Hochwasser.

Die Bevölkerun­g wurde aufgeforde­rt, in den Häusern zu bleiben, sich von den Ufern und Brücken fernzuhalt­en. Bereits am Dienstagab­end traten Bäche im Lungau über die Ufer, und kleine Muren gingen auf Straßen ab. Bei den Aufräumarb­eiten in Ramingstei­n ist ein Feuerwehra­uto verunglück­t. Sechs Feuerwehrl­eute wurden verletzt, zwei davon schwer.

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 ?? ?? Besonders betroffen: die Gemeinde Treffen beim Ossiacher See. Meterhohe Geröllmass­en haben sich in der Nacht durch den Ort gewälzt.
Besonders betroffen: die Gemeinde Treffen beim Ossiacher See. Meterhohe Geröllmass­en haben sich in der Nacht durch den Ort gewälzt.

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