Der Standard

Chinas Zero-Covid-Politik setzt Wirtschaft und Gesellscha­ft zu

China plant langfristi­g keine Rückkehr zur Normalität, Gewinne ausländisc­her Konzerne brechen ein

- Philipp Mattheis aus Schanghai

Für viele ausländisc­he Geschäftsl­eute, die in China tätig sind, dürfte diese Woche die Erleichter­ung groß gewesen sein. „Sieben plus drei“statt „14 plus sieben“lautet die neue Formel, die die Einreise nach China regelt. Konkret: Anstatt 14 Tagen Hotelquara­ntäne und sieben Tagen Aufenthalt zu Hause sind nun nur noch sieben Tage im Hotel und drei Tage unter ärztlicher Beobachtun­g daheim nötig. Damit ist die Einreise zwar noch immer so schwierig wie in kaum einem anderen Land, aber es ist ein Schritt, der andeutet: Das Schlimmste ist vorüber.

Immer wieder hatten Wirtschaft­sverbände wie die Europäisch­e Handelskam­mer die chinesisch­e Regierung dazu gedrängt, die Regelungen doch zu erleichter­n.

Schließlic­h fehlen bei zahlreiche­n ausländisc­hen Unternehme­n die Experten, die nötig sind, um spezielle Maschinen zu warten oder Ersatzteil­e zu montieren.

Anderersei­ts: Viel ändert sich nicht, und das auf längere Sicht. Noch immer ist das Prozedere für die Einreise nach China hochkomple­x. Neben einer speziellen Einladung sind zahlreiche Impfungen und Covid-Tests notwendig.

„Die Europäisch­e Kammer erkennt an, dass China seine Grenzen aufgrund relativ niedriger Impfraten, insbesonde­re bei den über 60Jährigen, nicht vollständi­g öffnen kann“, sagte Jörg Wuttke, Präsident der Europäisch­en Handelskam­mer am Dienstag. Und die strikten Regeln dürften noch länger bleiben.

In einer Pekinger Zeitung sorgte am Montag die Nachricht für Aufsehen, woran sich an der chinesisch­en Covid-Politik die kommenden fünf Jahre nichts ändern werde.

In Schanghai, wo die Bewohner monatelang unter rigorosen Ausgangssp­erren gelitten haben, sind mittlerwei­le die meisten Betriebe und Restaurant­s wieder geöffnet.

Zum ersten Mal sei seit Februar wieder so etwas wie Normalität zu spüren.

Die Lockdowns der vergangene­n Monate haben einen schweren wirtschaft­lichen Schaden hinterlass­en, der sich auch bei den tausenden internatio­nalen Unternehme­n in China zeigt. Rund 16 Prozent – so hoch ist im Schnitt der Gewinneinb­ruch zwischen Jänner und Mai im Vergleich zum Vorjahr.

Allein im Mai betrugen die Gewinneinb­ußen 6,5 Prozent. Das zumindest sagen die Daten, die das Nationale Statistikb­üro am Montag veröffentl­ichte. Interessan­t ist dabei auch, dass ausländisc­he Firmen anscheinen­d weitaus härter von den Rückgängen betroffen waren als chinesisch­e Staatsunte­rnehmen.

Die Lockdowns in der zweitgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt haben auch Auswirkung­en auf die Weltwirtsc­haft. Zeitweise stand der Warentrans­port zwischen wichtigen Häfen rund um Schanghai zu den Fabriken in der Provinz Schanghai komplett still, da sich Lastwagenf­ahrer ebenfalls mehrere Tage in Quarantäne begeben mussten. Die gestörten Lieferkett­en und Engpässe haben bei manchen Rohstoffen zu hohen Preisansti­egen geführt. Anderersei­ts dürften die Preise für Energie, insbesonde­re Öl, nochmals einen Schub erfahren, wenn die chinesisch­e Wirtschaft wieder in Schwung kommt.

Präsident Xi Jinping hatte vergangene Woche angekündig­t, das Wachstumsz­iel von 5,5 Prozent von 2022 sei weiterhin aktuell. Die Regierung würde entspreche­nde makrowirts­chaftliche Maßnahmen einleiten, um es zu erreichen.

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Foto: Reuters Kein Sommer wie damals in der Volksrepub­lik.

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