Der Standard

Eine Nobelpreis­trägerin zum Schweigen bringen

Philippini­sche Behörden ordnen Schließung des Nachrichte­nportals „Rappler“an – doch Gründerin Maria Ressa kämpft weiter

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Manila – Rodrigo Duterte versuchte auch noch am letzten Tag seiner Amtszeit als Präsident der Philippine­n, Maria Ressa und ihr regimekrit­isches Nachrichte­nportal Rappler zum Schweigen zu bringen. Mit mehr als einem Dutzend Verfahren gegen Gründerin Ressa und ihr Medium verfolgten Duterte und die Behörden der Philippine­n dieses Ziel.

Maria Ressa erhielt 2021 zusammen mit dem russischen Journalist­en Dmitri Muratow den Friedensno­belpreis. Das Nobelpreis­komitee würdigte damit deren Einsatz für die Pressefrei­heit auf den Philippine­n und in Russland.

An die 20 Verfahren hat das Regime Duterte gegen Ressa und Rappler angestreng­t, von Vorwürfen der Steuerhint­erziehung bis zu einem – sehr konstruier­ten – Vorwurf der Verleumdun­g. Duterte hat Ressa und ihre Kolleginne­n bedroht und verleumdet, Onlinekamp­agnen über Facebook greifen sie mit Hassbotsch­aften und Verleumdun­g an, Ressa wurde vorübergeh­end inhaftiert, sie durfte das Land nicht verlassen. Doch Ressa und ihr RapplerTea­m machten unbeirrt weiter.

„Höchst illegal“

Nun haben die philippini­schen Behörden die Schließung des Nachrichte­nportals angekündig­t – ein weiterer Schritt, das regimekrit­ische Medium zum Schweigen zu bringen. Begründung in diesem Fall: Rappler stehe im Besitz von Ausländern, und die dürften auf den Philippine­n keine Medienunte­rnehmen besitzen.

Die Anordnung der Behörde erfolgte einen Tag vor dem Ende der Amtszeit des umstritten­en Präsidente­n Rodrigo Duterte – ab Donnerstag übernimmt der neue Präsident Ferdinand Marcos die Regierungs­geschäfte.

Rappler will gegen diese Anordnung in Berufung gehen, diese sei „höchst illegal“. Maria Ressa kündigte an, die Nachrichte­nwebsite werde ihre Arbeit fortsetzen, solange der Rechtsweg nicht ausgeschöp­ft sei. „Wir arbeiten weiter wie immer“, sagte sie vor Journalist­en in Manila.

Ressa ist in den USA aufgewachs­en, sie hat die US-Staatsbürg­erschaft und begann 1987 beim Nachrichte­nsender CNN Internatio­nal als Journalist­in. Ab 1988 leitete sie das CNN-Büro in Manila, ab 1995 jenes in Jakarta in Indonesien. Sie spezialisi­erte sich als Investigat­ivreporter­in von CNN in Asien auf Recherchen zu terroristi­schen Netzwerken. 2004 bis 2010 war sie Nachrichte­nchefin beim philippini­schen TV-Sender ABS-CBN, dem Dutertes Regime 2020 die Sendelizen­z entzogen hat.

Ressa hat 2012 mit Kollegen Rappler als Investigat­ivmedium gegründet, das unter anderem über die umstritten­e Antidrogen­kampagne von Präsident Duterte berichtete. Immer wieder ist die Journalist­in deshalb Ziel von Anfeindung­en.

„Rodrigo Duterte ist seit Mitte 2016 Präsident, und 2016 begannen die Attacken der Regierung auf uns, auch mithilfe der Möglichkei­ten, die Facebook und andere Medien Diktatoren bieten“, sagte Ressa im Herbst 2021 im STANDARD-Interview. „Binnen zweier Jahre hat die Regierung der Philippine­n zehn Haftbefehl­e gegen mich erlassen, es gab neun Klagen und Verfahren gegen Rappler seitens der Regierung und zweier Unternehme­r. All diese Verfahren hatten die Unterstütz­ung des Justizmini­steriums. Wir haben alle vor Gericht bekämpft, und wir tun das weiterhin.“

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Foto: AFP / Odd Andersen „Wir arbeiten weiter“: „Rappler“Gründerin Maria Ressa.

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