Der Standard

Scham ja, Schuld nein

- Karin Bauer ➚ dst.at/TV-Tagebuch

Malen will Bürgermeis­terin von Bilbao werden. Dann taucht ein Sexvideo von ihr am Strand auf – nicht mit ihrem Ehemann. Die bigotten Parteikoll­egen reagieren erwartbar sexistisch, chauvinist­isch: Malen soll schnell weg und als ruinierte, bloßgestel­lte Frau abtauchen. In den Social Media geht die Hetze los.

Die Juristin macht es anders und thematisie­rt auf einem auch für ihre Familie schmerzvol­len Weg die Konsequenz­en solcher Verletzung der Privatsphä­re, solchen Rufmord. Scham ja, Schande nein, wehrt sie sich konsequent gegen das Geächtetwe­rden.

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Parallelge­schichte in einem anderen sozioökono­mischen Milieu, in dem die junge Bego um Gerechtigk­eit für den Suizid ihrer Schwester kämpft, der als Fabriksarb­eiterin das Gleiche widerfahre­n ist. Geht das dort auch so? Die zuständige Inspectora, selbst in einer schwierige­n lesbischen Beziehung, kämpft dafür.

Wie groß der Schaden im Umfeld der Frauen ist, zeigt sich gnadenlos. An Malens Tochter. An Bego. An der Inspectora. Und fragt wieder einmal alle in Social Media Aktiven: Seid ihr so? Sind wir wirklich so? Was macht ihr mit diesen Medien mit welchen Konsequenz­en? Welche Geschlecht­erstereoty­pe verstärken wir in den sozialen Medien?

Wäre Itziar Ituño (Lissabon aus Haus des Geldes) nicht so überwältig­end gut in ihrer Rolle, wäre da nicht auch noch ein Krimieleme­nt der Reichen und Mächtigen dazugestri­ckt, dann wären wir schnell fertig mit der Lektion dieses spanischen Lehrstücke­s zum Kampf Alt gegen Neu in der Gesellscha­ftsordnung. Aber so ist das Thema noch einmal größer und eingewoben in eine Menge komplexer Schieflage­n an vielen Punkten des Umbruchs.

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