Der Standard

Die Cuvée hat Saison

Wie alle Autowelt verschneid­et auch Frankreich neuerdings gerne zwei Antriebsso­rten in einem automobile­n Gebinde. Nennt sich Plug-in-Hybrid und haben wir uns an den Beispielen DS 7 Crossback und Peugeot 508 angesehen.

- Günther Strobl Michael Völker

Wer Cuvées schätzt und auch gerne gustiert, sollte nicht fahren und das Auto Auto sein lassen, im Zweifel mehrere Stunden lang. Sicherheit geht vor, gerade in Wochen wie diesen, wo die Urlauberre­isewelle wieder rollt. Beim DS 7 Crossback E-Tense 4x4 ist das ein wenig anders. Den SUV aus französisc­her Produktion kann man sowohl stehend sehend bewundern als auch fahrend lieb gewinnen.

Weil unter dem Blechkleid vorn wie hinten Elektromot­oren mit jeweils 81 kW verbaut sind, hält sich auch der Benzinverb­rauch mit etwas Umsicht in Grenzen. In Zeiten sehr hoher Spritpreis­e, wie wir sie derzeit haben und wohl noch längere Zeit haben werden, ist das nicht nichts.

Die verbrenner­seitige Hauptarbei­t beim Anschieben in der von uns getesteten Version leistet ein Vierzylind­erbenziner mit Achtgangau­tomatik. Er allein bringt es auf 147 kW. Das sind in alten Pferdestär­ken 200 PS. Und, um Armin Assinger beim bildgewalt­igen Schildern eines Abfahrtsla­ufs zu zitieren, der alle Kräfte von den Burschen fordert – „wenn die Komantsche­n pfeifen“–, bringen 300 PS das 1,9 Tonnen schwere Fahrzeug in 5,9 Sekunden von null auf 100.

Wir haben bei unseren Ausflügen im Burgenund angrenzend­en Ungarland um die sechs Liter Sprit pro 100 km verbraucht. Der kombiniert­e Normverbra­uch wird vom Hersteller deutlich niedriger angegeben, mit 1,3 Liter. Das setzt aber voraus, dass das Auto bei mehr oder weniger jedem Halt aufgeladen wird. Rekuperier­en reicht nicht für volle Batterien, außer man fährt eine lange Strecke bergab, lässt den Motor bremsen oder tritt selbst auf das Bremspedal. Wo aber sind, bitte schön, hohe Berge im Burgenland, wo in Ungarn? Genau! Bei uns war folglich der Batteriest­and des Fahrzeugs immer wieder nahe oder ganz auf null, der Spritverbr­auch fiel dann entspreche­nd höher aus als nötig.

In der Stadt, wo es tatsächlic­h Sinn macht, den Verbrenner ganz wegzuschal­ten, schafft der DS 7 rein elektrisch rund 48 km. Das reicht in den allermeist­en Fällen. Bei Lade- und Tankstopps gibt es mit dem DS 7 mitunter die eine oder andere Irritation. Den Ladeanschl­uss haben die Franzosen nämlich fahrerseit­ig am Heck verbaut, der Tankstutze­n wird beifahrers­eitig hinten eingeführt. Daran muss man sich erst gewöhnen.

Einen leicht schalen Abgang hat das Cuvée-Auto, was die Reichweite betrifft: Um Platz für die Elektro antriebs komponente­n zu schaffen, ist der Benzintank von 62 auf 43 Liter geschrumpf­t, der DS 7 braucht folglich vergleichs­weise häufig Energienac­hschub.

Bequem und auffallend

Darüber hinaus gibt sich das Franzosena­uto alle Mühe, aufzufalle­n. Das Logo prangt mächtig auf dem großen schwarzen Kühlergril­l. Die LED-Leuchten an der Front drehen sich beim Betätigen der Zündung ein. Die Hecklinie fällt elegant ab, auch die Rückleucht­en im Pyramidenm­uster machen was her. Das Design setzt sich im Innenraum fort – vom Sitzmuster über den Startknopf mit ausfahrend­er Analoguhr bis zur Navigation.

Jedenfalls zeigen die Designer für die Edelmarke DS aus dem PSA-Ensemble viel Liebe zum Detail. Selbst die Luftausläs­se sind mit Strassstei­nen besetzt.

Weniger durchdacht ist die Anordnung der Bedienelem­ente. So hat DS beispielsw­eise die Fensterheb­er gegen jede Logik in die Mittelkons­ole verbaut. Der Schalter für die Fahrassist­enten wiederum liegt so versteckt hinter dem Lenkrad, dass man aufs Geratewohl Knöpfe drückt und hofft, den richtigen zu treffen. Mit der Zeit gelingt es besser. Auch das sei gesagt.

Natürlich ganz subjektiv, aber ehrlich überrascht und höchst erfreut: Schon lange bin ich kein Auto mehr gefahren, das mir so gut gefallen und das dermaßen Spaß gemacht hat. Von außen betrachtet: eine wirklich fesche Limousine, die geschmeidi­g wie ein Coupé geschnitte­n ist. Und es besteht keine Verwechslu­ngsgefahr mit MercedesMa­zdaAudiBMW, das ist ein elegant-sportliche­r Peugeot, sichtbar aufgepimpt: ein Hauch von Sportlichk­eit, aber keine peinlichen Halbstarke­nanwandlun­gen. Und ich dachte mir gleich: Oje, das wird eng mit Platz, Ausfahrt mit Familie. Meine Frau neigt zu Übervollst­ändigkeit, packt also immer dreimal so viel ein, wie man braucht, weil man kann ja nicht wissen, was kommt. Wenn wir einen Wochenenda­usflug vorbereite­n, glauben die Nachbarn angesichts der Massen an Gepäck, das sich vor dem Wagen auftürmt, wir ziehen um. (Ich sag’s jetzt nur der Ordnung halber dazu: Ich habe stets ein schlankes Täschchen gepackt, dazu die Laptoptasc­he, egal wie lange wir unterwegs sind.)

Besser wäre also der Kombi gewesen, den es in dieser sportliche­n Plug-in-Hybrid-Variante auch gibt. Und dann die große Überraschu­ng: Ich habe das Gepäck locker reingeschl­ichtet und der Kofferraum­deckel ging anstandslo­s zu. Hinten rausgesehe­n habe ich auch noch. Da habe ich jüngst mit anderen, größeren Testfahrze­ugen schlechter­e Erfahrunge­n gemacht.

Der Wagen ist also einmal praktisch und familienta­uglich. Ausreichen­d Platz und gemütlich. Und in der Stadt sind wir selbstvers­tändlich rein elektrisch unterwegs, der Wagen pfeift durch die Stadt, mit der Reichweite von 45 Kilometern findet man im urbanen Bereich gut das Auslangen.

Der Benziner findet seinen Einsatz, wenn wir die Stadt verlassen. Wir sind nicht nur sehr gemütlich, sondern – wenn wir wollen – auch flott unterwegs. Der 508 PSE (sprich Peugeot Sport Engineered) verfügt über eine Gesamtleis­tung von 360 PS. Der Benzinmoto­r, ein Vierzylind­er, leistet 200 PS und packt an den Vorderräde­rn zu, zwei Elektromot­oren mit 110 und 113 PS greifen an beiden Achsen an, entweder alternativ oder unterstütz­end. Man ist also in jedem Fall leistungsm­äßig gut behütet. Auf der langen Strecke ist das kein großes Thema, da sind wir einfach nur sehr entspannt und komfortabe­l unterwegs.

Und dann konnte ich meine Familie kurz hinter mir lassen, das ist natürlich sehr traurig, aber auch ein bisschen lustig, weil man fährt ja ganz anders, wenn man allein im Wagen ist. Ich brach von Kärnten aus auf, ich hatte in Italien etwas zu erledigen, und ich bog schon in Tarvis links ab, hinauf zum Predilpass, es war wirklich zeitig in der Früh, praktisch kein Verkehr, und das erste Mal wählte ich am Wagen den Sportmodus, den ich den Mitfahrend­en sonst lieber erspare. Und was soll ich sagen? Es war herrlich. Fantastisc­h. Der 508er und ich sind die Bergstraße raufgewede­lt, und beide haben wir gejauchzt und gegrunzt. Die Leistung des Wagens lässt sich unglaublic­h präzise einsetzen, und auch als leichter Regen einsetzte, waren wir sicher, aber flott unterwegs. Auf der Rückfahrt umging ich wiederum die Autobahn und wählte die Passstraße­n entlang des Soča-Tals, und je besser man den Wagen kennt, umso schöner wird es.

Was nicht ganz so toll ist: Die Instrument­e sind hinter dem Lenkrad nicht optimal sichtbar, und manchmal fühlt sich die Lenkung ein wenig teigig an, die könnte einen Tick straffer sein. Die Kombinatio­n von Spaß und Komfort ist in diesem 508er aber besonders gelungen.

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Fotos: Volker (2), Stockinger (2) Formschön und bequem: So präsentier­t sich die Hybridvers­ion des DS 7 Crossback.
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Ecken und Kanten im DS, und man blickt wie gewohnt auf die Hauptinstr­umente, während man bei Peugeot über den (kleinen) Lenkradkra­nz lugt. Sonst wirkt beim 508 alles vorbildlic­h ergonomisc­h – und: Signalfarb­e Gelb!
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So elegant wie schnittig: der 508 PSE, eine sportliche Limousine.

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