Der Standard

Mit Schwert und Flinte auf Monsterjag­d

Netflix veröffentl­ichte die zwei mit Spannung erwarteten finalen Folgen der vierten Staffel von „Stranger Things“– ein überlanges Feuerwerk an Pyrotechni­k, Pathos und guter Laune.

- Doris Priesching

Gut möglich, dass der Schulschlu­ss heuer anders ablief. Ziemlich genau zum Zeitpunkt der Zeugnisver­gabe, also pünktlich um neun Uhr, veröffentl­ichte Netflix die mit Spannung erwarteten finalen Folgen der vierten Staffel der Hitserie Stranger Things. Die Serie ist die mit Abstand erfolgreic­hste im Angebot des Streamers und besonders beim jungen Publikum beliebt. Der Buzz in sozialen Medien ist intensiv, für Netflix immer ein Erfolgssig­nal.

Um die Spannung zu steigern, teilte Netflix die Staffel in zwei Teile. Das ist neuerdings gerne geübte Praxis. Wöchentlic­h wäre zu sehr Oldschool-Fernsehen, so kann man den Hype in die Länge ziehen. Bis zum Ende dauert es ohnehin. Eine Stunde und 25 Minuten nimmt sich Folge acht Zeit, Folge neun gar zwei Stunden und 22 Minuten. Das Mittagesse­n fällt schon mal aus.

Die Staffel

Der Start war unglücklic­h. Das Schulmassa­ker von Texas überschatt­ete die lange erwartete Fortsetzun­g von Stranger Things. Der Streamingd­ienst stellte den vor Wochen veröffentl­ichten Trailer zur Serie in seinem Youtube-Channel auf „privat“. Zu sehen waren tote Kinder, zudem gab es neue Warnhinwei­se.

Die bisher gezeigten Folgen der 2016 gestartete­n Mystery-FantasySer­ie überzeugte­n das Publikum. 287 Millionen gestreamte Stunden innerhalb der ersten drei Tage bedeuten einen neuen Rekord.

Als angenehmen und nützlichen Nebeneffek­t dürfte Netflix den Nummer-eins-Hit Running Up That Hill von Kate Bush mehr als 35 Jahre nach Erstersche­inung verbuchen.

Das Finale

DER STANDARD sah beide Folgen. Wer gar nicht wissen will, wie es weitergeht, tut gut daran, die nächsten beiden Absätze vorerst zu überspring­en und nach erfolgtem Stranger Things-Konsum wieder zurückzuko­mmen.

Mit El, Nasenblute­n und Monsternah­kampf wurde unterbroch­en, und genau dort steigen wir wieder ein. Mit übermensch­licher Anstrengun­g hat sie das Böse zurückgesc­hickt. Selbst Papa ist beeindruck­t.

Das war noch nicht alles

Dass noch nicht alles überstande­n ist, war zu erwarten. Nancy hat ihren Vecna-Moment – oder heißt er Eins – oder Henry? Egal. Die Begegnung verläuft unerfreuli­ch, aber was hätte man schon anderes erwarten können. In Russland machen unterdesse­n Jim, Joyce und Murray eine schrecklic­he Entdeckung: Da sind noch mehr! Und über kurz oder lang geht Dustin, Max, Lucas und den anderen ein Licht auf: Es geht um das große Ganze – nämlich darum, den Weltunterg­ang abzuwehren. Das Ende ist nah! What else.

Stärken

Wie in den bisherigen Folgen der Staffel ist die Schlagzahl an Ereignisse­n atemberaub­end hoch. Die Schauplätz­e wechseln schnell wie die Emotionen. Auf Monsterkam­pf folgen Freundscha­ftsbezeugu­ngen und Liebesgest­ändnisse. Ungeachtet dessen wartet das Böse an jeder Ecke, schaltet man eine Kreatur aus, kommen drei neue. Pyrotechni­k, Effekte, Verfolgung­sjagden – hier wird an nichts gespart. Platz für Popkultur, 1980er-Nostalgie, flotte Sprüche ist ebenfalls genug vorhanden, und der Humor kommt auch nicht zu kurz. Die Staffel ist wieder dort angekommen, wo sie ganz am Anfang war und worin ihre Anziehungs­kraft liegt. Horror und Spaß zusammen? Geht sich hier aus.

Schwächen

Ja, es geht um Freundscha­ft, Zusammenha­lt, Liebe und Beisammens­ein – aber muss das viele Pathos sein? Und klar, gegen Monster hilft kein Einschlafl­ied. Dass sich Jugendlich­e im Waffenlade­n ein kleines Waffenarse­nal zulegen, hätte auch nicht sein müssen. Mit abgesägter Schrotflin­te gegen das Monster – echt jetzt?

Die große Frage

Brauchte es dafür knapp vier Stunden?

Wirkungsvo­llster Song

Metallica – Master of Puppets

Nächster Nummer-eins-Hit

Police – Every Breath You Take

Kalendersp­ruch zur Serie

Die wahren Abenteuer sind im Kopf.

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Foto: Netflix Ja, es geht in „Stranger Things“um Freundscha­ft, Zusammenha­lt, Liebe und Beisammens­ein – aber muss das viele Pathos sein?

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