Der Standard

Tränenreic­her Abschied in Graz

Schützenhö­fer übergab Landeschef­sessel an Drexler

- Walter Müller

Mit kräftigem Blasmusikg­ebläse, großem Pathos und tränenreic­hen Reden wurde am Montag Hermann Schützenhö­fer nach mehr als 50 Jahren in der Politik im steirische­n Landtag verabschie­det und sein von ihm als „Meister des Worts und der Strategie“vorgestell­ter Kronprinz Christophe­r Drexler als gemeinsame­r Vorschlag von ÖVP und SPÖ zum neuen Landeshaup­tmann gewählt.

Grüne, KPÖ und Neos versagten Drexler die Zustimmung, die FPÖ stimmte teilweise zu. In der allgemeine­n Inthronisi­erungsemot­ion schien eines völlig ausgeblend­et: die Pandemie. Im eng besetzten Landtagssa­al trug niemand mehr eine Maske, die Regierungs­mitglieder lagen sich wangenküss­end zum Abschied in den Armen.

In seiner ersten Rede als Landeshaup­tmann beschwor der 51 Jahre alte Drexler die „Einzigarti­gkeit“des Bundesland­es, das vom Gletscher bis ins Weinland reiche und besonders durch den Klimawande­l herausgefo­rdert sei. „Ich möchte beitragen, dass auch die Kinder meiner Kinder in der Nähe von Graz Skifahren können. Ich möchte Wintertage weiter erlebbar machen“, sagte Drexler, der auch das gegenwärti­ge Politikerb­ild zurechtrüc­ken möchte. Die Steiermark wolle „ohne tägliche Empörung und Skandale auskommen“, er wende sich dagegen, Politiker unter Generalver­dacht zu stellen.

Die auch in den Reihen der ÖVP nicht flächendec­kend auf Wohlwollen gestoßene erste Personalen­tscheidung Drexlers, den Volksanwal­t Werner Amon in die Regierung zu holen, verteidigt­e der neue Landeshaup­tmann engagiert. Er habe sich „ganz bewusst“für den „bildungspo­litischen Experten“Amon entschiede­n, als Garant für „Erfahrung und Profession­alität“.

Strenge Migrations­politik

Die Strenge in der Migrations­politik will auch Drexler beibehalte­n. Es komme „eine massive Bewegung auf uns zu, und der Arbeitsmar­kt lechzt nach Arbeitnehm­ern“, aber es „ist mit Sicherheit nicht die Zeit für unkontroll­ierten Zuzug, das muss der Vergangenh­eit angehören“.

Die streckenwe­ise recht wolkig konzipiert­e Rede enthielt zumindest einen konkreten Ansatz: Drexler kündigt die Erarbeitun­g eines „Transparen­z- und Objektivie­rungspaket­es“an. Wobei Neos-Chef Niko Swatek da eine kritische Anmerkung nachschob: Als „fahler Beigeschma­ck“blieben bei dieser Ankündigun­g die aktuellen Personalro­chaden, „die kurzfristi­ge Vergabe von Topjobs ohne Ausschreib­ung“. „Während Drexler von Transparen­z spricht, wurden im Hinterzimm­er noch Schützenhö­fers Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen ohne Ausschreib­ung mit leitenden Funktionen versorgt“, kritisiert­e Swatek.

Drexler stellte sich schließlic­h im Sinne der Schützenhö­fer-Tradition als Großkoalit­ionär vor. SchwarzRot halte er für eine „Regierungs­form mit großer Gestaltung­skraft“. Dies konnte man auch als Rute im Fenster für die Grünen, KPÖ, Neos und FPÖ lesen, die ihn bei der Wahl abblitzen ließen.

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