Der Standard

Gasspeiche­r füllen sich langsam, aber neuerdings wieder stetig

Regierung berät mit Experten, ob angestrebt­e Speicherst­ände von 80 Prozent ohne Zusatzmaßn­ahmen bis Oktober erreichbar sind

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Wien – Vergangene Woche gab es einigermaß­en Verwirrung, warum die Befüllung der Gasspeiche­r viel langsamer vorankam als die Tage davor. Am Freitag etwa gingen netto weniger als 100 Gigawattst­unden (GWh) Gas in die Kavernen, um gut zwei Drittel weniger als im Junischnit­t mit mehr als 300 GWh pro Tag.

Wenn die Einspeiche­rung von Gas in dem Tempo weitergeht wie jetzt mit knapp 0,4 Prozent Zuwachs des Füllstands pro Tag, könnte es sich bis Beginn der Heizsaison mit der angestrebt­en 80-prozentige­n Befüllung ausgehen. Das, so meinen Experten, sei ein halbwegs guter Polster, um im Fall weiterer Gaslieferk­ürzungen über den Winter zu kommen. Bei einem Totalausfa­ll wäre es dennoch ungemütlic­h.

Heute, Dienstag, berät die Bundesregi­erung in einem Krisengipf­el mit Experten die Lage am Gasmarkt und mögliche weitere Schritte zur Sicherstel­lung hoher Speicherst­ände. Zurzeit sind Österreich­s Gasspeiche­r im Schnitt zu 45,6 Prozent gefüllt. Die Spreizung ist aber enorm. Während die Gasspeiche­r der OMV zu 71,3 Prozent voll sind, ist der zur Gazprom-Tochter GSA gehörende Speicherte­il in Haidach komplett leer. Durch ein Gesetz, das Anfang Juli in Kraft getreten ist, hat sich die Regierung nun erstmals ein Zugriffsre­cht auf nicht genutzte Speicher im Land gesichert.

Das Problem bei Haidach: Der Speicher, dessen Ausbau von Gazprom vor gut 15 Jahren finanziert wurde, ist nicht an das österreich­ische Gasnetz angebunden, nur an das deutsche. Das soll sich nun ändern; ein Anschluss an das österreich­ische Netz ist aber erst für die Heizsaison 2023/24 realistisc­h, sagen Experten unter Hinweis auf Trassenfin­dung, Grundablös­en etc.

Der Grund für die niedrigere­n Einspeiche­rmengen in der Vorwoche dürfte nach Einschätzu­ng der Regulierun­gsbehörde E-Control in Italien liegen. Ein Grund sei der Wassermang­el, der eine verstärkte Stromprodu­ktion in Gaskraftwe­rken erforderli­ch machte. Ein anderer Grund seien vermutlich Zielvorgab­en aus Rom für Gasreserve­n, die einige Händler vor Monatsende noch erfüllen mussten.

Unternehme­n, die statt russisches anderes Gas nach Österreich bringen und hier nutzen, bekommen einen Teil der Mehrkosten rückerstat­tet. Das geht aus einer Aussendung des Klima schutz ministeriu­ms am Montag hervor. Ziel ist es, die Abhängigke­it von russischem Gas zu verringern. Die Maßnahme wurde im Rahmen des Gasdiversi­fizierungs­gesetztes beschlosse­n und gilt bis Jahresende. 100 Millionen Euro sind dafür vorgesehen.

Das in den österreich­ischen Speichern gelagerte Gas gehört privaten Händlern, die auf ihre Kosten und ihr Risiko Gas einlagern und verkaufen. Offenbar waren Abnehmer in Italien bereit, einen sehr hohen Preis für das Gas zu zahlen, deshalb haben sie den Zuschlag bekommen. Nur bei etwa einem Viertel des in Österreich gespeicher­ten Gases kann man sagen, dass dieses exklusiv für Kunden in Österreich eingespeic­hert ist. Energiever­sorger sind dazu verpflicht­et, Haushaltsk­unden über einen gewissen Zeitraum versorgen zu können.

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