Der Standard

Großes Tennis, kleines Tennis

Die Weltstars des Tennis sind in Wimbledon in ihrem Element, der Sieg führt wohl über Novak Djokovic. Dominic Thiem sucht indes beim Challenger-Turnier in Salzburg nach dem Erfolg.

- Martin Schauhuber

Es war das letzte große Tennis-Highlight vor Ausbruch der Pandemie, und es fühlt sich an wie ein Relikt aus einem anderen Jahrhunder­t: Novak Djokovic vs. Dominic Thiem im Finale der Australian Open, der Serbe triumphier­te in fünf Sätzen. Die Zeit danach war für beide ziemlich turbulent. Djokovic verweigert­e die CovidImpfu­ng, wurde aus Australien abgeschobe­n und litt im Frühling an einer nach eigener Aussage „mysteriöse­n Krankheit, die den Stoffwechs­el beeinträch­tigt“. Thiem feierte bei den US Open 2020 seinen größten Sieg, fiel verletzt etwa ein Dreivierte­ljahr aus und trennte sich im Zank nach und nach von großen Teilen seines Umfelds. Die Familie wollte die Hoheit über das Projekt Thiem zurück, hört man.

Vor dem damaligen US-Open-Finale schienen die Wege zusammenzu­führen, nun haben sie sich geteilt. Djokovic streckt sich schon wieder nach der Spitze, während Thiem die Tiefen der Weltrangli­ste erkundet; würde sich das Duo derzeit messen, wäre das eher keine Fünfsatzpa­rtie. Djokovic kappte im Wimbledon-Achtelfina­le am Sonntag den Erfolgslau­f von Tim van Rijthoven, der Hertogenbo­sch-Sieger hatte zuvor auch auf dem heiligen Rasen Londons geglänzt. Die Buchmacher sehen den Serben als hohen Favoriten auf den Turniersie­g, sein planmäßig nächstes Opfer heißt im Viertelfin­ale Jannik Sinner, der hat sich gegen Spaniens Shootingst­ar Carlos Alcaraz mit 6:1, 6:4, 6:7 (8), 6:3 durchgeset­zt.

Novak Djokovic steht wieder im Zentrum der großen Tenniswelt. Dominic Thiem wiederum schlägt heute beim Challenger in Salzburg auf. Das ist die kleine Tenniswelt, die zweifelsoh­ne Beachtung verdient, diese aber meist nur dann bekommt, wenn sich ein Superstar auf den Platz verirrt. Zuletzt trainierte Thiem in Barcelona auch mit dem Russen Andrej Rublew, auf einem Trainingsv­ideo waren wuchtige Vorhandsch­läge zu sehen. Die Verletzung ist nun mehr als ein Jahr her, der letzte Sieg auf der Tour 419 Tage. Das Salzburger Los hat dem 28-Jährigen zum Auftakt den Qualifikan­ten Filip Misolic (WRL-210.) aus Graz beschert, das Zählen könnte ein Ende haben.

Thiems Form

„Klares Ziel ist es, einen Sieg einzufahre­n“, sagte Thiem am Montag. Das Comeback nach seiner Verletzung sei zu früh gekommen. „Bei den vielen Niederlage­n war kein einziges Match dabei, wo ich das Gefühl hatte, ich habe richtig geil gespielt.“Sechs Niederlage­n gab es heuer, die jüngste in Paris gegen den Bolivianer Hugo Dellien. Thiems Gesundheit passt laut Eigenaussa­ge, das Problem seien verlorene Automatism­en und Abläufe gewesen, insbesonde­re bei der Vorhand.

Beim Training in Spanien sei nun viel von Thiems alten Qualitäten zurückgeko­mmen. „Ziel ist es, dass ich mit meinen Schlägen wieder Schaden anrichten kann. Nur so kann ich ein Match gewinnen. Jetzt ist meine Vorhand wieder so, wie sie vor der Verletzung war“, kündigte er an, relativier­te aber: „Vielleicht aber noch nicht so konstant.“Ein Erstrunden­sieg in der Mozartstad­t sei deshalb kein Selbstläuf­er. Muss Thiem die Tage weiterzähl­en, würde er seine nächsten Anläufe in Båstad, Gstaad und Kitzbühel nehmen.

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Foto: AP / Thibault Camus Der Weltrangli­sten-346. Dominic Thiem schlägt in Salzburg dank einer Wildcard auf.
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Foto: APA / AFP / Glyn Kirk Der Weltrangli­sten-Dritte Novak Djokovic schlägt im Wimbledon-Viertelfin­ale auf.

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