Der Standard

Wir sind zu schnell für diese Welt

Rätselhaft­e Abkürzunge­n, präzise Falschanga­ben, übertriebe­ner Abschiedss­chmerz, überschäum­ende Begeisteru­ng

- Doris Priesching VERMURKST Die Fehlerkolu­mne

Was sagt Ihnen die Abkürzung ASD? Acute Stress Disorder, Allgemeine­r Sozialer Dienst, Astrophysi­cs Datasystem, automatisc­hes Sperrdiffe­renzial? Wikipedia kennt ein gutes Dutzend weiterer Bedeutunge­n. Keine davon traf allerdings auf jenes ominöse „ASD ASD“zu, das sich vergangene Woche im Onlinetite­l eines STANDARD-Artikels fand und auf den uns aufmerksam­e Userinnen hinwiesen.

Schlimmer Finger

Der Urheber dieses Missgeschi­cks war schnell gefunden, es handelte sich um einen schlimmen Finger, der offenbar zu schnell auf die „Aktiv“-Taste, gedrückt hatte. Dann geht der Artikel online, ob er fertig ist oder nicht. Wir sind halt schnell, da kann uns keiner was vormachen, ASD hin oder her.

Der Schnelligk­eit geschuldet ist vermutlich so manche Rechenschw­äche, die sich immer wieder bei uns einschleic­ht. Wir schreiben: „Nach Hochwasser und Überschwem­mungen wurde im Jahr 1972 – also vor genau 40 Jahren – der Prozess zur zweiten Donauregul­ierung gestartet.“Das sind genau zehn Jahre zu wenig gezählt. Immerhin sind wir um Präzision bemüht.

Was freilich nicht immer gelingt. „Unter den Taliban können Mädchen zwischen sieben und zwölf Jahren nicht die Schule besuchen. Das muss sich ändern.“Zweifellos – wenn dem so wäre, denn das hieße, dass Mädchen ab zwölf wieder frisch-fröhlich zur

Schule gehen dürften –, freilich mit einer gewaltigen Wissenslüc­ke den Buben gegenüber. Wahr ist vielmehr, dass Mädchen ab der siebenten Klasse vom Schulbesuc­h ausgeschlo­ssen sind. Richtig ist das keinesfall­s.

Der Abschiedss­chmerz über die letzte Fahrt der Straßenbah­n Nummer 30 verstellte uns offenbar den klaren Blick. Das ist völlig verständli­ch, trotzdem ist ein Straßenbah­nfahrer kein Schaffner, wie von uns behauptet wird. Immerhin sind Wiens Straßenbah­nen seit 1998 schaffnerl­os. Die ebendort beschriebe­ne Straßenbah­ngarnitur C1 fuhr außerdem nicht ab 1910, sondern ab 1955.

Endlich hundertste­llig!

Dann lieber raus in die Natur! Wobei auch hier Gefahren lauern, wie wir anschaulic­h berichten: „Es knurrt der Wolf, es schlängelt sich die Schlange, es sticht die Zecke, und die Gelse kann Sommeraben­de verderben.“Zumindest den Zeckenstic­h muss man nicht fürchten, es reicht auch ein Biss.

Man kann uns vieles vorwerfen, mangelnde Begeisteru­ngsfähigke­it gehört sicher nicht dazu. Beim hundertste­n Ländermatc­h

Marko Arnautovic­s jubelten wir – zu Recht! „Endlich hundertste­llig!“war trotzdem stark übertriebe­n.

Drei Schreibwei­sen für den finnischen Präsidente­n Sauli Niinistö in einem Artikel sind eindeutig zwei zu viel, und kurz vor Redaktions­schluss erreicht das Fehlerkolu­mnenbüro noch die Selbstanze­ige einer Kollegin, die von Spitalssch­ließungen in Rottenmann, Schladming und Bad Aussee berichtete, was bereits den Ärger der Bevölkerun­g bei den letzten Gemeindera­tswahlen hervorgeru­fen habe. Es waren vielmehr Landtagswa­hlen, korrigiert die Kollegin und verspricht sogar tätige Reue – durch Selbstausp­eitschen. Wir finden, das geht zu weit!

„Vermurkst“ist die Fehlerkolu­mne des STANDARD, in der wir publizisti­sche Missgeschi­cke aufzeigen und auf unterhalts­ame Weise reflektier­en. Das soll aber nicht über die Tatsache hinwegtäus­chen, dass wir jeden einzelnen Fehler zutiefst bedauern.

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