Ein Licht tanzt am Horizont
Mit dem fabelhaften Stück „Vollmond“der Tanztheaterlegende Pina Bausch startet das Festival Impulstanz: Auch in diesem Sommer bereichert Tanz von Weltklasse einen Monat lang mehrere Wiener Bühnen.
Was werden wir einmal über dieses Jahr sagen? Der Begriff Zeitenwende geistert durch den öffentlichen Diskurs, ein wenig so, als wäre das etwas Neues in einer globalisierten Welt, die seit Jahrzehnten auf Disruption setzt.
Die vielen Diagnosen der Gegenwart deuten auf eine Zukunft hin, in der so gut wie alles besser gemacht werden muss, wenn dieser Planet weiterhin ein Raum für den Tanz des Lebens bleiben soll.
Pina Bauschs nachtseitiges Stück Vollmond zeigt im Burgtheater zum Auftakt von Impulstanz 2022, wie sich dieser Tanz des Lebens aufführt, wenn er vom menschlichen Welterleben choreografiert wird.
Als Vollmond triumphiert der Erdtrabant mit maximalem Leuchten. In diesem Licht, heißt es, würden manche Menschen ein wenig verrückt. Entsprechend seltsame Dinge jedenfalls tun sich bei Vollmond mit den Bühnenkörpern des Tanztheater Wuppertal der 2009 verstorbenen Choreografin.
Immer wieder geht es um die Liebe, aber auch einfach um Auftritte und Abgänge. Gleich zu Beginn bringen sich Männer in Stellung, erst nach einer Weile kommen Frauen dazu. Eine vermutet: „Es wird eine stürrrmische Nacht.“So kommt’s dann auch mit vielen aberwitzigen Begegnungen, immer zur exakt passenden Musik.
Wie gut, dass die Kompanie das einflussreiche Werk der Erfinderin des deutschen Tanztheaters weiterhin lebendig hält. Und dass Festivals wie Impulstanz diese Arbeiten zusammen mit aktuellen Stücken und Uraufführungen auch präsentieren.
Die Musik von Frauen
Im Weiteren stellt bei Impulstanz demnächst die Französin Mathilde Monnier unter dem Titel Records Bezüge zwischen Gedächtnis, Musik und Weiblichkeit her. In Dances for an actress zeigen Jérôme Bel und Jolente (Schwester der großen Choreografin) De Keersmaeker, wie humorvoll sich eine Schauspielerin der Kunstform Tanz, für die sie nicht ausgebildet ist, stellen kann.
Anne Teresa De Keersmaeker selbst lässt in Kooperation mit der Violinistin Amandine Beyer die barocken Mysteriensonaten des Heinrich Ignaz Franz Biber tanzen.
Ihr Brüsseler Kollege Wim Vandekeybus wiederum taucht in archaische Mythen ein und feiert den nun 35 Jahre anhaltenden Erfolg seiner Gruppe Ultima Vez.
Einen Monat lang Festival mit 54 Stücken, davon 15 Uraufführungen, und rund 230 Workshops skizzieren die Bandbreite des heutigen Tanzes.
Mit dabei sind auch viele österreichische Produktionen, etwa von Florentina Holzinger, Bert Gstettner und Akemi Takeya. Und die Plattform 8:tension für junge Choreografie zeigt insgesamt zehn Arbeiten.
Darüber hinaus findet eine „Choreographic Convention“zum Thema In Other Words: A Future statt. Eine Zukunft steht ja auf jeden Fall bevor: im Tanz und anderswo.
Burgtheater, 7.–10. 7., 21.00