Der Standard

Parteienge­setz stiftet Verwirrung

Während die Koalition die Reform der Parteientr­ansparenz schon feiert, ist hinter den Kulissen noch vieles im Fluss. Für Kritik sorgt, dass Geldflüsse von nahestehen­den Vereinen an Parteien nicht als Spenden gesehen werden sollen.

- Lara Hagen, Jan Michael Marchart, Fabian Schmid

Liefen die Verhandlun­gen zum Parteienfi­nanzierung­sgesetz zunächst monatelang zäh und weitgehend unter der Wahrnehmun­gsschwelle, kann es den Regierungs­parteien nun offenbar nicht schnell genug gehen. Am Donnerstag soll das neue Gesetz beschlosse­n werden, den Inhalt gab die türkisgrün­e Koalition bereits bekannt. Dass sie die notwendige Mehrheit im Parlament hinter sich hat, ist schon fix. Und das, obwohl Details immer noch für heftige Kritik sorgen. Es geht dabei vor allem um den Umgang mit Organisati­onen, die Parteien „nahestehen“.

Der stellvertr­etende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak spricht diesbezügl­ich von einer „großen, immensen Lücke“. Er könne nicht nachvollzi­ehen, dass diese nicht geschlosse­n werde.

Denn offengeleg­t sollen Geldflüsse nur dann werden, wenn Vereine statutaris­ch mit der jeweiligen Partei verbunden sind. Vereine, die lediglich „im Umfeld“einer Partei sind, müssen Zahlungen nicht transparen­t machen. Sie könnten weiterhin „Einfallsto­r“für verdeckte Parteienfi­nanzierung sein. Hier gehe es nicht „um irgendwelc­he Kegelverei­ne“, sagt Scherak.

Intranspar­ente „Einheit“

Ob es bei solchen parteinahe­n Vereinen eine statutaris­che Verankerun­g gebe, sei in den meisten Fällen unklar. Wo es ganz sicher keine Verankerun­g gebe, sei beim oberösterr­eichischen Seniorenbu­nd 2.0 „oder wie er auch immer heißt“, sagt Scherak. Der Verein hat wie berichtet fast zwei Millionen Euro an Corona-Hilfsgelde­rn bezogen, die eigentlich nicht für Teilorgani­sationen bestimmt sind. Der Seniorenbu­nd entgegnet, dass man die Gelder nicht als ÖVP-Parteiorga­nisation betragt habe, sondern eben über den gleichnami­gen Verein. Für die ÖVP sind das trotz aller Ähnlichkei­ten zwei verschiede­ne Strukturen. Ob das der Realität entspricht, untersucht gerade das zuständige Ressort des grünen Vizekanzle­rs Werner Kogler.

Dass dieser Verein nun nicht von der Parteienfi­nanzierung­snovelle betroffen sein könnte, ließe Tür und Tor für weitere illegale Parteienfi­nanzierung offen, warnt Scherak. Die Neos drohen damit, dem Gesetz nicht zuzustimme­n, sollte dieser Punkt nicht noch einmal ordentlich überarbeit­et werden.

Auch die Sozialdemo­kraten sollen dem Vernehmen nach keine Freude damit haben. Der niederöste­rreichisch­e SPÖ-Chef, Franz Schnabl, ärgert sich auf Twitter, dass weiter „Umgehungsk­onstruktio­nen“möglich seien. Insgesamt herrschte grundsätzl­ich Verwirrung über den Passus, teils auch bei den Grünen.

Könnte also just das, was der Rechnungsh­of unter anderem vor wenigen Wochen erst bezüglich des ÖVP-Rechenscha­ftsbericht­s für das Jahr 2019 beanstande­t hat, ex post legal werden? Das hält auch Peter Bußjäger, Professor für Verwaltung­srecht an der Universitä­t Innsbruck, für möglich. Der Jurist spricht von einer „Falltür“, weil das für eine besser gemachte Parallelst­ruktur à la Seniorenbu­nd, die sich deutlicher von der Partei abhebe, eine Option sein könne.

„Missverstä­ndlich“findet Bußjäger auch die Erläuterun­gen. Darin heißt es, dass die nahestehen­den Organisati­onen und Parteien als „wirtschaft­liche Einheit aufgefasst“würden, womit die Spendenobe­rgrenze „für die politische Partei samt allen ihr nahestehen­den Organisati­onen zusammen gilt“. Für Bußjäger führt diese Einheit aber zu Intranspar­enz, wenn die Zuwendung künftig eben nicht als Spende deklariert werde.

Wie es die Regierung sieht

In türkis-grünen Verhandler­kreisen versteht man die Aufregung der Opposition nicht. Dort präzisiert man die eigenen Gedanken hinter dem Gesetz wie folgt: Parteien und nahestehen­de Organisati­onen sollen künftig im Verbund unter das verschärft­e Spendenreg­ime fallen, wonach pro Jahr nicht mehr als 750.000 Euro eingesamme­lt werden dürfen.

Das durften bisher beide jeweils für sich alleine. Aus Sicht der Regierung sei die Obergrenze also „umgehbar“gewesen. Nun soll jede noch so kleine Zuwendung in Anbetracht dieses Spendenlim­its aufgerechn­et werden. Nur nicht mehr isoliert für die Partei, sondern eben im „Familienve­rband“. Gezielt werde da zum Beispiel auf Personenko­mitees.

Wenn eine parteinahe Organisati­on dann Geld an eine Partei weiterleit­et, soll das nicht „doppelt“als Spende gezählt werden, wird erklärt. Das heiße aber nicht, dass fließende Gelder dann nirgends aufscheine­n. Jene Zuwendunge­n sollen im Rechenscha­ftsbericht eigens als Zahlung einer nahestehen­den Organisati­on ausgewiese­n werden.

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Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer und ÖVP-Mandatar Andreas Ottenschlä­ger müssen noch viel telefonier­en. Bis Donnerstag soll das Parteienge­setz stehen. Die Verhandlun­gen mit der Opposition sind noch nicht zu Ende.

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