Parteiengesetz stiftet Verwirrung
Während die Koalition die Reform der Parteientransparenz schon feiert, ist hinter den Kulissen noch vieles im Fluss. Für Kritik sorgt, dass Geldflüsse von nahestehenden Vereinen an Parteien nicht als Spenden gesehen werden sollen.
Liefen die Verhandlungen zum Parteienfinanzierungsgesetz zunächst monatelang zäh und weitgehend unter der Wahrnehmungsschwelle, kann es den Regierungsparteien nun offenbar nicht schnell genug gehen. Am Donnerstag soll das neue Gesetz beschlossen werden, den Inhalt gab die türkisgrüne Koalition bereits bekannt. Dass sie die notwendige Mehrheit im Parlament hinter sich hat, ist schon fix. Und das, obwohl Details immer noch für heftige Kritik sorgen. Es geht dabei vor allem um den Umgang mit Organisationen, die Parteien „nahestehen“.
Der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak spricht diesbezüglich von einer „großen, immensen Lücke“. Er könne nicht nachvollziehen, dass diese nicht geschlossen werde.
Denn offengelegt sollen Geldflüsse nur dann werden, wenn Vereine statutarisch mit der jeweiligen Partei verbunden sind. Vereine, die lediglich „im Umfeld“einer Partei sind, müssen Zahlungen nicht transparent machen. Sie könnten weiterhin „Einfallstor“für verdeckte Parteienfinanzierung sein. Hier gehe es nicht „um irgendwelche Kegelvereine“, sagt Scherak.
Intransparente „Einheit“
Ob es bei solchen parteinahen Vereinen eine statutarische Verankerung gebe, sei in den meisten Fällen unklar. Wo es ganz sicher keine Verankerung gebe, sei beim oberösterreichischen Seniorenbund 2.0 „oder wie er auch immer heißt“, sagt Scherak. Der Verein hat wie berichtet fast zwei Millionen Euro an Corona-Hilfsgeldern bezogen, die eigentlich nicht für Teilorganisationen bestimmt sind. Der Seniorenbund entgegnet, dass man die Gelder nicht als ÖVP-Parteiorganisation betragt habe, sondern eben über den gleichnamigen Verein. Für die ÖVP sind das trotz aller Ähnlichkeiten zwei verschiedene Strukturen. Ob das der Realität entspricht, untersucht gerade das zuständige Ressort des grünen Vizekanzlers Werner Kogler.
Dass dieser Verein nun nicht von der Parteienfinanzierungsnovelle betroffen sein könnte, ließe Tür und Tor für weitere illegale Parteienfinanzierung offen, warnt Scherak. Die Neos drohen damit, dem Gesetz nicht zuzustimmen, sollte dieser Punkt nicht noch einmal ordentlich überarbeitet werden.
Auch die Sozialdemokraten sollen dem Vernehmen nach keine Freude damit haben. Der niederösterreichische SPÖ-Chef, Franz Schnabl, ärgert sich auf Twitter, dass weiter „Umgehungskonstruktionen“möglich seien. Insgesamt herrschte grundsätzlich Verwirrung über den Passus, teils auch bei den Grünen.
Könnte also just das, was der Rechnungshof unter anderem vor wenigen Wochen erst bezüglich des ÖVP-Rechenschaftsberichts für das Jahr 2019 beanstandet hat, ex post legal werden? Das hält auch Peter Bußjäger, Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Innsbruck, für möglich. Der Jurist spricht von einer „Falltür“, weil das für eine besser gemachte Parallelstruktur à la Seniorenbund, die sich deutlicher von der Partei abhebe, eine Option sein könne.
„Missverständlich“findet Bußjäger auch die Erläuterungen. Darin heißt es, dass die nahestehenden Organisationen und Parteien als „wirtschaftliche Einheit aufgefasst“würden, womit die Spendenobergrenze „für die politische Partei samt allen ihr nahestehenden Organisationen zusammen gilt“. Für Bußjäger führt diese Einheit aber zu Intransparenz, wenn die Zuwendung künftig eben nicht als Spende deklariert werde.
Wie es die Regierung sieht
In türkis-grünen Verhandlerkreisen versteht man die Aufregung der Opposition nicht. Dort präzisiert man die eigenen Gedanken hinter dem Gesetz wie folgt: Parteien und nahestehende Organisationen sollen künftig im Verbund unter das verschärfte Spendenregime fallen, wonach pro Jahr nicht mehr als 750.000 Euro eingesammelt werden dürfen.
Das durften bisher beide jeweils für sich alleine. Aus Sicht der Regierung sei die Obergrenze also „umgehbar“gewesen. Nun soll jede noch so kleine Zuwendung in Anbetracht dieses Spendenlimits aufgerechnet werden. Nur nicht mehr isoliert für die Partei, sondern eben im „Familienverband“. Gezielt werde da zum Beispiel auf Personenkomitees.
Wenn eine parteinahe Organisation dann Geld an eine Partei weiterleitet, soll das nicht „doppelt“als Spende gezählt werden, wird erklärt. Das heiße aber nicht, dass fließende Gelder dann nirgends aufscheinen. Jene Zuwendungen sollen im Rechenschaftsbericht eigens als Zahlung einer nahestehenden Organisation ausgewiesen werden.