Mehr Milde für die Ölmultis
Doppelt hält besser: Nach diesem Motto ging das Wirtschaftsministerium in Sachen Spritpreisanstieg vor. Neben der BWB beauftragte die frühere Ministerin Schramböck auch die Wettbewerbskommission mit einer Prüfung.
Der von den Wettbewerbshütern der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am Donnerstag vorgelegte Zwischenbericht über die Treibstoffpreisentwicklung seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine ist nicht der einzige. Auch die Wettbewerbskommission, ein mit Sozialpartnern und Experten besetztes beratendes Gremium des Wirtschaftsministeriums und der BWB, war mit der Materie befasst.
Die damalige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hatte die Kommission am 18. März – also drei Tage bevor die BWB mit ihrer Branchenuntersuchung begann – aufgefordert, mit einer „eingehenden Prüfung“der Mineralölbranche zu beginnen. Im Gegensatz zur Ankündigung des Auftrags wurde die Öffentlichkeit über die Erkenntnisse dieser Kommission nicht informiert. Dabei lieferte die Kommission unter Vorsitz von Anwalt Jörg Zehetner (Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte; KWR) bereits Ende April einen ersten Zwischenbericht.
Zwei Welten
Und der weist durchaus Unterschiede zum fast 90-seitigen Bericht der BWB auf, die eine Entkoppelung der Endverbraucherpreise für Sprit von den Bezugspreisen wichtiger Kostenkomponenten wie Rohöl, Raffinerie, Transport, Chemie attestiert – samt Verdreifachung der Bruttomargen der Sprithersteller –, DER STANDARD berichtete.
Der Zwischenbericht der Wettbewerbskommission geht auf 28 Seiten erwartungsgemäß nicht so ins Detail, er basiert aber auch auf Befragungen der Marktakteure sowie Preis- und Produktnotierungen. Ein gravierender Unterschied fällt auf: Die heftigen Preisausschläge seit dem Ukraine-Krieg werden fast lapidar auf die Folgen der RusslandSanktionen, geringere Dieselimporte aus Russland und eine Nachfragesteigerung zurückgeführt; auch die Energiekosten in der Rohölverarbeitung sind Preistreiber. Die BWB hingegen weist zwar nicht auf Marktmissbrauch oder Kartellbildung hin, aber doch auf möglicherweise sachlich nicht gerechtfertigte Preisaufschläge zulasten der Verbraucher.
Parallele Prüfung
Informiert waren die prüfbeauftragten Einrichtungen über ihre parallele Tätigkeit laut STANDARD-Informationen nicht. Im Gegensatz zur BWB erbat das Ministerium von der Wettbewerbskommission auch Empfehlungen etwa zur Preisdämpfung. Die Botschaft: Ein Preisdeckel hilft Besserverdienern mehr, daher sollten einkommensschwache Haushalte direkt unterstützt werden.
Mitglied der Wettbewerbskommission ist übrigens Michael Sachs, Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, um dessen geplante Bestellung zum neuen Leiter der BWB ein veritabler Koalitionskrach tobt. Eine von den Grünen beauftragte rechtliche Prüfung attestiert dem Verwaltungsrichter (der einst bei den Wirtschaftsministern Robert Graf und Wolfgang Schüssel, beide ÖVP, tätig war) nicht ausreichend Expertise speziell im Wettbewerbsrecht. Von der Auswahlkommission unter Jörg Zehetner war Sachs an die erste Stelle des Dreiervorschlags gesetzt worden.
Ausbaden muss die Causa Minister Martin Kocher, der sie von Schramböck erbte. Kocher ist an die Reihung der Kommission zwar nicht gebunden – auf Platz zwei rangiert BWB-Interims-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch –, er lässt den Vorgang nun aber rechtlich prüfen.