Zur Kenntlichkeit entstellt
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: In der Ära von Sebastian Kurz avancierte der Investor Alexander Schütz zum ÖVP-Großspender, der das türkise Projekt mit 40.000 Euro und dann 45.000 Euro unterstützte. Seine Ehefrau Eva Hieblinger-Schütz wird Mitglied im Kabinett des Finanzministers Hartwig Löger (ÖVP) und eine enge Mitarbeiterin von Kabinettschef Thomas Schmid. Während dieser Zeit hielt das Ehepaar Schütz Dinnerpartys ab, auf deren Einladungslisten sich summiert ein paar Milliarden Euro Vermögen und höchster politischer Einfluss finden.
Nachdem Türkis-Blau zerbricht, gründet Eva HieblingerSchütz mit dem im Ibiza-Video so gelobten, medienrechtlich mehrfach verurteilten Richard Schmitt das neue Krawallmedium Exxpress, das sofort von der türkisen Parteispitze hofiert wird. Manche der Geldgeber für die Online-Nachrichtenseite verstecken sich hinter liechtensteinischen Stiftungen. Regelmäßig attackiert Exxpress die WKStA oder grüne Ministerinnen. Alexander Schütz macht derweil rund um die Wirecard-Affäre mit Tipps an Ex-Wirecard-Chef Markus Braun Schlagzeilen.
Und was macht Sebastian Kurz, etwas mehr als ein halbes Jahr nachdem er wegen Korruptionsermittlungen die Politik verlassen hat? Er gründet ein Unternehmen mit Alexander Schütz. Als Geschäftsführerin wird die langjährige ÖVP-Mitarbeiterin und Vizekabinettschefin von Kanzler Nehammer, Vera Regensburger, geholt. Zwischen Bundeskanzleramt und ihrem neuen Job liegt nicht einmal ein Monat Zeit.
Da schrillen nicht nur einzelne Alarmglocken, da heult ein ganzes Meer an Sirenen. Die ganze Chronologie der KurzSchütz-Beziehung wirkt wie eine Persiflage auf die Vermutungen, derentwegen der mittlerweile zweite U-Ausschuss eingesetzt wurde. Die türkise Partie schaffte es auch durch Großspenden ins Kanzleramt, sie zimmerte sich die Republik zurecht und machte eine Politik für Großunternehmer und Reiche. Und nun, im Epilog dieses Dramas, könnten sich die Ex-Türkisen selbst eine goldene Nase mit oder bei genau diesen Unternehmern verdienen. Kurz ist ja nicht der Einzige: Finanzminister Gernot Blümel wechselte zu Superfund, ÖVPGeneralsekretär Axel Melchior zu Großspender Klaus Ortner. Genau deshalb ist eine gesetzliche Cooling-off-Phase nötig.
Natürlich kann man Gegenargumente anführen: Die Spenden waren legal, Schütz bei weitem nicht der großzügigste Geldgeber. Eva Hieblinger-Schütz war durchaus dafür qualifiziert, in einem Ministerkabinett zu arbeiten. Unternehmer- und vermögendenfreundlich war die ÖVP stets. Kurz hat jedes Recht, nach seinem Ausscheiden aus der Republik privatwirtschaftlich tätig zu sein. Und ganz viele andere aus allen Parteien, auch mehrere Altkanzler, ließen sich ihre politischen Kontakte vergolden.
Trotzdem bleibt ein katastrophaler Eindruck. Man fragt sich fast, ob Kurz und sein Umfeld je ernsthafte politische Ziele hatten oder ob es von Anfang an nur darum ging, in die Welt der Millionäre aufzusteigen. Außer Politik, die denen nutzte, blieb von Türkis-Blau jedenfalls nicht viel.