Der Standard

Höhere Zinsen, teurere Kredite

Der Zinsschrit­t der EZB um 0,75 Prozentpun­kte hat Auswirkung­en auf Verbrauche­r und Häuslbauer. Variable und neue Kredite werden teurer, bald sollte es auch höhere Sparzinsen geben.

- Alexander Hahn

Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) setzt den größten Zinsschrit­t seit 22 Jahren – manche werden diese Nachricht zähneknirs­chend zur Kenntnis genommen haben. Wer einen variabel verzinsten Kredit laufen hat oder einen Neukredit benötigt, muss wohl mit einer höheren Belastung rechnen, und zwar deutlich, denn die EZB hat den Leitzins gleich um einen Dreivierte­lprozentpu­nkt auf nunmehr 1,25 Prozent gehievt, um gegen die Rekordinfl­ation von 9,1 Prozent im Euroraum vorzugehen.

Zudem machte Notenbankc­hefin Christine Lagarde klar, dass noch weitere Anhebungen folgen werden – der Trend bei den Zinsen ist also klar aufwärtsge­richtet. Wie weit es geht, hängt von der weiteren Entwicklun­g der Inflation ab und wie schnell es gelingt, diese wieder nahe an den Zielwert von zwei Prozent zu drücken. Selbst den Preis einer Rezession dürfte Lagarde dabei in Kauf nehmen, zumal eine schrumpfen­de Wirtschaft dem Preisauftr­ieb zusätzlich Wind aus den Segeln nehmen sollte.

Schon zuletzt ging es mit den Euribor-Referenzzi­nssätzen – das sind jene Konditione­n, zu denen sich Banken untereinan­der Geld leihen – deutlich aufwärts. Diese werden auch als Maßstab für den variablen Teil der Kreditzins­en und deren regelmäßig­e Anpassunge­n herangezog­en, etwa der Sechs-Monats-Euribor: Dieser liegt derzeit bei 1,35 Prozent, verglichen mit minus 0,54 Prozent zu Jahresbegi­nn – Kreditnehm­ende müssen mit entspreche­nden Zinsanpass­ungen nach oben rechnen.

Ob es sich noch auszahlt, auf einen Fixzinskre­dit umzustelle­n, ist ungewiss, da auch diese bereits teurer geworden sind und die Verzinsung zunächst höher als bei Variablen ist. Raiffeisen Research rechnet damit, dass im laufenden Erhöhungsz­yklus der Leitzins insgesamt um zumindest 2,5 Prozentpun­kte angehoben wird – dies muss also keineswegs das Ende der Fahnenstan­ge darstellen. Wobei die Anhebungen um die ersten 1,25 Prozent bereits erfolgt sind. Zum Vergleich: Der bisher höchste Leitzinssa­tz der EZB lag knapp nach der Jahrtausen­dwende bei 4,75 Prozent, der tiefste bis Juli bei null.

Tiefe Realzinsen

Was bedeutet dies derzeit etwa für Verbrauche­rkredite: Laut dem Bankenrech­ner der Arbeiterka­mmer werden für fünfjährig­e, variabel verzinste Konsumkred­ite über 10.000 Euro bei ausreichen­der Bonität derzeit zwischen 2,99 und 7,99 Prozent als Sollzinssa­tz fällig. Bewahrheit­et sich die Raiffeisen-Prognose, würden die Kreditrate­n um zumindest ungefähr 1,25 Prozent weiter ansteigen. Wegen diverser anderer Kosten liegt der effektive Jahreszins­satz für Kreditnehm­ende übrigens stets höher.

Stellt man diesen Sätzen jedoch die mehr als neunprozen­tige Inflation gegenüber, fallen die realen Kreditzins­en nach Abzug der Teuerung immer noch sehr gering aus – was für die generell günstigere­n, meist besser besicherte­n Wohnkredit­e umso mehr gilt.

Während die Banken die Zinserhöhu­ngen der EZB stets recht zeitnah in ihren Kreditange­boten abbilden, geht dies bei den Sparzinsen vergleichs­weise schleppend. Da die Notenbank am Donnerstag auch ihren Zinssatz für Bankeinlag­en von null auf 0,75 Prozent erhöht hat, sollten sich auch die Zinsen für täglich fällige Spareinlag­en in Richtung dieser Marke bewegen. Zwar herrscht hierzuland­e noch ein Überschuss an Spareinlag­en, den die Banken nicht über die Kreditverg­abe reinvestie­ren können – aber nun haben die Institute die Möglichkei­t, das Geld zu 0,75 Prozent Zinsen risikolos an die Notenbank weiterzure­ichen. Derzeit spiegeln dies die Zinsangebo­te aber nicht wider, sie liegen weiterhin nahe bei null.

Für Sparbuchfa­ns erscheint derzeit folgende Strategie aussichtsr­eich: vorerst noch auf eher kürzere Bindungsfr­isten setzen und damit die nächsten EZB-Zinserhöhu­ngen abzuwarten. Vielleicht gehen sich dann bei längerer Bindung sogar wieder positive Realzinsen aus, wenn die Inflation 2024 wirklich wie von Raiffeisen Research erwartet Richtung drei Prozent sinkt.

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Im Gegensatz zu diesem Arbeiter sind die Zinsen wohl noch nicht auf der obersten Sprosse angekommen. Wer den Hausbau mit einem variablen Kredit finanziert, muss mit weiter steigenden Zinsen rechnen.

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