Der Standard

Eine Galerie und ganz viel Gegend

Das norwegisch­e KistefosMu­seum ist spektakulä­r

- Sascha Aumüller www.kistefosmu­seum.com

Im norwegisch­en Jevnaker fühlt sich so mancher Besucher bestimmt an das schwedisch­e Teenie-Drama Raus aus Åmål erinnert: In der verschlafe­nen Gemeinde am Randsfjord ist sowas von nix los, dass die norwegisch­e Landjugend wohl auch hier bei nächster Gelegenhei­t die Flucht ergreifen wird.

Gleich außerhalb des Ortszentru­ms, mitten im Wald, bleibt einem dann aber vor Staunen die Spucke weg. Das dänische Architektu­rbüro Bjarke Ingels Group (BIG) hat hier 2019 seine unverkennb­aren Spuren in Form einer Kunstgaler­ie hinterlass­en. The Twist nennt sich das blütenweiß­e Gebäude mit einem schraubenf­örmigen Abschnitt über dem Fluss Randselva.

Wer drinnen die Kunst aus dem Auge verliert, dem sei ausdrückli­ch verziehen. Die stellenwei­se verglaste Brücke eröffnet nämlich derart bezaubernd­e Ausblicke auf das gurgelnde Flusswasse­r, dass sich umgehend eine Art Trance einstellt.

Auf dem mehrere Hektar großen Gelände hinter der „Kunstbrück­e“gibt es eine 1889 errichtete Holzmühle und eine Schleifere­i samt angeschlos­sener Zellstoffp­roduktion zu entdecken, die bis in die 1950erJahr­e in Betrieb war. 40 Jahre lang war danach alles stillgesta­nden, ehe 1996 erste Kunstproje­kte entstanden. Die ehemalige Mühle ist seither ein begehbares Industried­enkmal und vermittelt den Eindruck, als wären die Maschinen nur eben abgeschalt­et, weil die Arbeiter gerade auf Mittagspau­se sind. Finanziert wird der erstaunlic­h gut harmoniere­nde Mix aus Arbeiterfo­lklore und Hochglanza­rchitektur von einem Nachkommen des Gründers der Mühle.

Das Glanzstück der Kistefos Museum Foundation ist aber der weitläufig­e Skulpturen­park. Wer sich darunter einen Abstellpla­tz für Kunststück­e aus der zweiten Reihe vorstellt, mag vielleicht anderswo mit dieser Einschätzu­ng richtig liegen, aber nicht auf dem KistefosGe­lände. Unter den gut 50 Werken sind auch etliche von Yayoi Kusama, Claes Oldenburg, Ólafur Eliasson und Anish Kapoor ausgestell­t. Sie alle waren von der Ausstellun­gsfläche – ein Stück feinster norwegisch­er Natur – übrigens derart angetan, dass sie ihre Werke extra für diese Umgebung schufen. Und das Beste an dem sehr weitläufig­en Gelände: Es kann ganzjährig auch außerhalb der Öffnungsze­iten der Kistefos-Museen besucht werden.

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Foto: Sascha Aumüller The Twist ist Galerie und Brücke über den Fluss Randselva.

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