Sitzen und besitzen
Wenn es darum geht, geradlinige Autos zu bauen, die aber penibel durchdacht sind und schlaue Lösungen für den Alltag bieten, ist Škoda eine Macht. Das zeigt sich auch beim größten SUV des Hauses, dem Kodiaq.
Das klingt jetzt vielleicht schräg, aber ich möchte diese Betrachtungen mit dem Rolls-Royce Ghost beginnen. Dessen Fauteuils. Pure Opulenz an altem englischen Kunsthandwerk, feinste Leder von glücklichen Kühen, dazu diese Nähte – selten so schönes Gestühl in einem Auto gesehen. Und dann steigst du nach der Fahrt Wien–München aus, und es drückt hier und zwickt da, und du musst dir dringend die Füße vertreten. Mit dem Kodiaq bin ich locker die doppelte Strecke gefahren ohne jede Begleiterscheinung dieser Art.
Die Škoda-Sitze machen sich wie Aschenbrödel neben dem hocharistokratischen Gestühl, sind aber eindeutig langstreckenfreundlicher und rückenschonender. Vielleicht fahren Comtessen und Lordschaften nicht so weite Distanzen (bzw. lassen fahren), vielleicht haben sie dazu ihre Privatjets, wurscht, es bleibt das Faktum.
Ein Drittel vom Zwölfender
Unter der Haube hat unser TestKodiaq nur ein Drittel der Zylinder der Ghost-Maschine, den Zweiliterdiesel mit 200 PS. Hat sich für das große Auto als angemessen sparsam entpuppt, und wenn Sie die Nase rümpfen und „Diesel! Pfui!“rufen, dann sei das sachlich insofern relativiert, als es abgasseitig u. a. dank SCR-Kat wenig auszusetzen gibt.
Die andere Seite ist die: Immer mehr Antriebsexperten, die eigentlich längst auf die Elektro-Karte setzen, orakeln hinter vorgehaltener Hand, dem Selbstzünder stehe unter Umständen eine unerwartete Renaissance bevor, Versorgungssicherheit, explodierende Strompreise und so. Da kenne sich wer aus.
Damit begeben wir uns auf große Fahrt nach Kärnten, in den Kofferraum passt ja sogar das Zeugs einer fünfköpfigen Familie, und befragen das junge Volk zum Leben an Bord im Kodiaq. Außerdem haben wir einen Hupfer nach Bad Blumau unternommen, zur ältesten Eiche
Europas, „imposant“ist für dieses über tausendjährige Naturmonument gar kein Ausdruck, aber halt, das ist ein anderes Kapitel.
Das bestens eingespielte Trio – zwei Mädchen, ein Knabe – ließen wir hinten Platz nehmen, und das hier sind ihre Pros und Kontras.
Die 13-jährige H. meint: „1. Er hat viel Platz. 2. Die Sitze sind sehr bequem. 3. Der Motor beim Fahren ist nicht sehr laut. 4. Man kann viel ins Auto schlichten (Kofferraum, Fußraum usw.) 5. Im Seitenfach bringt man mehrere Flaschen unter. Zu den negativen Punkten ist mir nichts eingefallen.“
Grundsätzlich sympathisch
Nun der zwölfjährige J.: „An dem Auto fand ich gut: angenehm großer Fußraum vorn und hinten. Der Škoda lässt sich recht sportlich fahren und hat doch eine angenehme Federung. Außerdem ist er grundsätzlich sympathisch. Was ich nicht so gut fand: Die Rückbank ist für drei Erwachsene etwas schmal.“Zuletzt S., zehn: „Pros: 1. Er schaukelt nicht sehr. 2. Man hat vorn als auch hinten genügend Platz. 3. Außen und innen ist er sehr schön. Und hier die Kontras: Es gibt eigentlich keine!“
Platzangebot und Komfort sind also auch bei der heranwachsenden Generation die Hauptbeobachtung, interessant die zusätzliche von J., der darauf hinweist, für drei Erwachsene könne es hinten enger werden. Das zu testen hat man ja eigentlich selten Gelegenheit, wir haben das ihm zuliebe simuliert.
Fazit: Unterm Strich bleibt der Eindruck von einem soliden, gründlichst durchdachten ausgewachsenen SUV, mit dem man in der Stadt nicht immer gleich einen Parkplatz finden mag und der dank Allrad auch in Österreich zu jeder Jahreszeit landauf, landab familienfreundliche Mobilität garantiert. Škoda Kodiaq. (Nicht nur) den Kindern taugt er, und man sitzt gut. Aber das Besitzen? Nicht ganz so angenehm. Denn der Preis, der schmerzt.