ORF sucht Agentur für Imagekampagne
Interne Studien zeigen sinkende Glaubwürdigkeit – Stiftungsräte warnen vor Auswirkungen auf GIS-Akzeptanz
Wien – Die Vertrauens- und Glaubwürdigkeitswerte des ORF gehen laut mehreren Untersuchungen zurück. Nach STANDARD-Informationen aus mehreren Quellen sucht der ORF Werbeagenturen für eine Imagekampagne, um gegenzusteuern. Die Akzeptanz des ORF als öffentlichrechtliches Unternehmen spielt auch bei der GIS-Gebührenfinanzierung eine zentrale Rolle, die zwei Drittel der ORF-Einnahmen bringt.
„Legitimation und Relevanz hängen von der Glaubwürdigkeit ab – und damit auch die Gebühreneinnahmen des ORF“, betont ORF-Stiftungsrat Heinz Lederer (SPÖ). Für Lederer ist trotz Finanzkrise der aktuell „schwierigste Punkt“für den ORF und seine Führung „der Verlust an Glaubwürdigkeit“, den „alle Untersuchungen“ergeben hätten. Lederer vermisst hier einen Bezug zur Lebensrealität des Publikums – „hier geht es um Jobs, um Arbeitslosigkeit, um Sorgen über Energiekosten und Teuerung“, sagt der Stiftungsrat. Der ORF und seine Berichterstattung müssten „in die Mitte der Gesellschaft“. Daran müsse der ORF nun „dramatisch arbeiten“.
Im ORF will man die gerade laufende Wettbewerbspräsentation unter großen Agenturen des Landes nicht kommentieren; sie schließt sich an eine Wettbewerbspräsentation für Ö3 an. Gerade hat der Radiotest die Marktanteile von Ö3 erstmals merklich hinter jenem der Privatsender verortet. Auch beim ORFPopradio, einer wesentlichen Stütze der ORF-Werbeeinnahmen, besteht also Handlungsbedarf.
Große Ablehnung der GIS
Eine der involvierten Agenturen soll nach STANDARD-Infos für die ORF-Präsentation eine eigene Befragung über die Akzeptanz der GIS in Auftrag gegeben haben. Kolportiert wird eine sehr breite Ablehnung der GIS in dieser Befragung.
2020 hat das Wiener Meinungsforschungsinstitut Gallup die Akzeptanz der GIS abgefragt: Nur 34 Prozent der Befragten fanden die GIS „in Ordnung“, 56 Prozent sprachen sich für ihre Abschaffung aus.
Die jüngsten ORF-Daten über sinkendes Vertrauen und rückläufige Glaubwürdigkeit des ORF stammen von einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Fehr Advice. Das Sora-Institut ließ der ORF ebenfalls die Sicht der Bevölkerung auf den ORF abfragen. Die Ergebnisse signalisieren eine kritischere Haltung gegenüber dem ORF und seiner Berichterstattung.
Der „Digital News Report“für Österreich sieht den ORF hier in einem breiteren Medientrend: Nach Vertrauenshöchstwerten 2021 gehen bei vielen Medien die Werte nun wieder auf das Niveau vor dem CoronaHoch zurück.
Sinkende Vertrauenswerte für den ORF alarmieren auch ORF-Stiftungsrätin Sigrid Pilz (Grüne). „Für den ORF kann das kritisch werden“, sagt Pilz, die das Problem in größerem Kontext sieht: „Es gibt keine öffentliche Institution vom Bundespräsidenten abwärts, die nicht angeschüttet, desavouiert und unter Generalverdacht gestellt wird. Das ist extrem besorgniserregend“, warnt die frühere Wiener Patientenanwältin. (fid)