Der Standard

KOPF DES TAGES

UN-Spitzenjob für Jurist aus Österreich

- Gerald Schubert

Wer eine TopFunktio­n bei den Vereinten Nationen übernimmt, wünscht sich zum Einarbeite­n wohl eher ruhige Fahrwasser. Von solchen aber kann der Österreich­er Volker Türk, der neue Hohe Kommissar für Menschenre­chte, derzeit nur träumen.

Gerade einmal zwei Wochen ist es her, da klagte seine Vorgängeri­n, die Chilenin Michelle Bachelet, über massiven Druck im Zusammenha­ng mit einem Bericht über die Lage der muslimisch­en Uiguren in der chinesisch­en Provinz Xinjiang. Die Regierunge­n von rund 40 Ländern hätten sie gedrängt, den Bericht nicht zu veröffentl­ichen. Andere wiederum hätten genau das Gegenteil gefordert.

Bachelet, deren Mandat am 31. August auslief und die nicht für eine zweite Periode kandidiert­e, entzog sich dem Gezerre auf ihre Art: Wenige Minuten vor Ende ihrer Amtszeit publiziert­e sie den Bericht, in dem „willkürlic­he und diskrimini­erende Inhaftieru­ng“von Uiguren angeprange­rt wird – was Peking freilich energisch bestreitet. Kein leichtes Erbe also für Volker Türk, der von UN-Generalsek­retär António Guterres als Bachelets Nachfolger vorgeschla­gen und am Donnerstag­abend von der Generalver­sammlung bestätigt wurde.

Seine UN-Erfahrung dürfte Türk aber zugutekomm­en: Mehr als zwei Jahrzehnte lang arbeitete der neue Hohe Kommissar für Menschenre­chte (UNHCHR) anderswo: Im UN-Flüchtling­shochkommi­ssariat (UNHCR). Von 2015 bis 2019 war er dessen stellvertr­etender Chef. Danach wechselte er als Untersekre­tär für Politik direkt ins Büro von Guterres, als Untergener­alsekretär für Politik.

Der Jurist aus Linz promoviert­e an der Universitä­t Wien in Völkerrech­t und war an der Uni Linz wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r. 2016 erhielt er den Menschenre­chtspreis der Uni Graz. Auch die Vereinten Nationen geizen nicht mit Lob: Türk habe seine lange Karriere „der Förderung der universell­en Menschenre­chte gewidmet, insbesonde­re dem internatio­nalen Schutz der verletzlic­hsten Menschen auf der Welt: Flüchtling­en und Staatenlos­en“, hieß es am Freitag in einer Aussendung der UN.

Volker Türk wird sich über den Vertrauens­vorschuss wohl freuen. Denn neben dem jüngsten Streit über den Xinjiang-Bericht warten auf den 57-Jährigen noch jede Menge andere Aufgaben – nicht zuletzt im Zusammenha­ng mit Vorwürfen zu Menschrech­tsverletzu­ngen im russischen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine.

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Foto: AFP Volker Türk ist neuer Hoher Kommissar für Menschenre­chte.

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