Der Standard

Weniger Hürden für Transperso­nen

Die Grünen einigen sich auf eine Linie im Umgang mit Rechten von Transperso­nen – und fordern einmal mehr Diskrimini­erungsschu­tz für Menschen mit anderer sexueller Orientieru­ng.

- Beate Hausbichle­r

Der Diskussion­sprozess hat lange gedauert. Vor rund einem Jahr wurde im Rahmen des Bundeskong­resses der Grünen eine Arbeitsgru­ppe zu Fragen der Rechte für Transperso­nen beschlosse­n. Soll es leichter werden, das eigene soziale Geschlecht, also Gender, im Personenst­and und somit in diversen Dokumenten ändern zu lassen? Oder ermöglicht das Missbrauch und bedroht womöglich Schutzräum­e für Frauen, die sich dort von Menschen bedroht fühlen, die nicht immer schon als Frau lebten? Könnte es Missbrauch beim Pensionsan­tritt geben, der für Frauen fünf Jahre früher möglich ist? Diese Diskussion­en wurden in Deutschlan­d und Österreich in den vergangene­n Monaten heftig diskutiert.

Am Samstag wurde im Rahmen einer Tagung der Grünen Andersrum eine gemeinsame Linie der Grünen dazu präsentier­t. Denn auch innerhalb der Grünen gibt es vereinzelt unterschie­dliche Positionen, wenngleich Ewa Ernst-Dziedzic, LGBTQI-Sprecherin und Vorsitzend­e der Grünen Andersrum, im STANDARD-Gespräch betont, dass es bei den Differenze­n nur um kleinere Punkte ginge – und nicht um grundsätzl­iche Fragen. Faika El-Nagashi, Abgeordnet­e zum Nationalra­t und Sprecherin für Integratio­nsund Diversität­spolitik, äußerte sich allerdings in sozialen wie auch klassische­n Medien wiederholt sehr kritisch zu Forderunge­n von Transaktiv­istinnen.

Sie sprach von möglichen Gefahren, etwa einer zu frühen Behandlung von Jugendlich­en, die sich als transgesch­lechtlich wahrnehmen, und dass Transgesch­lechtlichk­eit derzeit zu stark propagiert werde. In der aktuellen Resolution der Grünen Andersrum heißt es hingegen gleich zu Beginn, dass Transgende­r zu sein „kein Hype der heutigen Zeit“sei und Transgesch­lechtlichk­eit schon immer und in unterschie­dlichen Kulturkrei­sen existiert habe.

Weniger Bürokratie

Als konkrete Herausford­erung für das Hier und Jetzt in Österreich sehen die Grünen Nachbesser­ungsbedarf beim Zugang zur Änderung des Personenst­ands. Zwar können in Österreich auch Menschen ohne geschlecht­sanpassend­e Operation ihren Personenst­and ändern, dies hat der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) bereits 2009 entschiede­n. Allerdings gibt es noch viele finanziell­e und bürokratis­che Hürden, die man beseitigen muss, sagt ErnstDzied­zic.

Der Weg zu einer rechtliche­n Anerkennun­g, dass beispielsw­eise eine Transfrau auch in ihren Dokumenten als Frau aufscheint, sei noch immer ein Hürdenlauf. Es komme noch oft zu Diskrimini­erung und Pathologis­ierung, so Ernst-Dziedzic. Der Verfassung­sgerichtsh­of habe zwar geurteilt, dass es bei intergesch­lechtliche­n Personen derlei Hürden nicht geben dürfe, doch für Transgesch­lechtlichk­eit ist das noch nicht dezidiert festgeschr­ieben. Die Grünen fordern nun, dass „Prozesse der Anerkennun­g des Geschlecht­s einer Person unbürokrat­isch, transparen­t und vor allem leistbar“sein müssten.

Im Positionsp­apier wird auch von „zunehmend negativer Wahrnehmun­g, Vorurteile­n, Intoleranz und Gewalt“gesprochen, mit der transgesch­lechtliche Menschen konfrontie­rt seien – und dass Transrecht­e gegen Frauenrech­te ausgespiel­t würden. „Ich komme aus der feministis­chen Szene, ich kenne die Debatten um Frauenräum­e“, sagt Ernst-Dziedzic und spricht damit die heftigen Auseinande­rsetzungen darüber an, ob Transfraue­n in Frauenhäus­er oder auch nur Frauentoil­etten dürfen und ob das zunehmende Übergriffe durch Transfraue­n mit sich bringen würde.

Kein Generalver­dacht

„Mir sind keine unangenehm­en Vorfälle bekannt“, die Beispiele, wo es zu sexualisie­rten Übergriffe­n kam, seien oft gehypte Einzelfäll­e. „Wir können nicht eine kleine Gruppe unter Generalver­dacht stellen“, sagt Ernst-Dziedzic. Dass es Missbrauch geben könnte, dürfe nicht die Basis für Entscheidu­ngen über Grundrecht­e sein. So könnte es auch Fälle geben, dass sich Asylwerber und Asylwerber­innen als schwul oder lesbisch bezeichnen, „deshalb lösen wir aber auch die Genfer Flüchtling­skonventio­n nicht auf“. Der Pensionsan­tritt ist ein anderer möglicher Missbrauch, der öfter genannt wird. Hierzu halten die Grünen fest, dass der Oberste Gerichtsho­f 2022 entschiede­n hat, dass für das Pensionsan­trittalter der Eintrag im Personenst­andsregist­er der Stichtag ist.

Die Grünen sehen dahingehen­d Bedarf, dass Transperso­nen in Gesetzespr­ozesse eingebunde­n werden, wenn sie in „besonderem Maße“von einem Gesetz oder einer Regelung betroffen sind.

Schutz im Privaten

Ernst-Dziedzic betont, dass in Österreich im Gleichbeha­ndlungsges­etz „Identität“bereits geschützt ist – was für die Rechte von Transperso­nen wichtig sei. Was aber noch fehle: ein umfassende­r Diskrimini­erungsschu­tz aufgrund der sexuellen Orientieru­ng. Diese Ausweitung des Diskrimini­erungsschu­tzes, das sogenannte Levelling-up, würde im Regierungs­programm festgeschr­ieben. Ernst-Dziedzic sieht das als „letzte große Baustelle“.

Derzeit gibt es diesen Diskrimini­erungsschu­tz aufgrund von sexueller Orientieru­ng am Arbeitspla­tz, nicht aber im privaten Bereich. Bei Dienstleis­tungen wie etwa im Restaurant oder bei Taxifahrte­n ist somit die Weigerung, jemanden zu bedienen oder mitzunehme­n, noch immer straffrei.

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Über gleiche Rechte für Transperso­nen wird in Deutschlan­d und Österreich seit Monaten heftig diskutiert.

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