Denkmalsturz und Mode als Politstatement
Das Volkskundemuseum befasst sich mit Kulturerbe
Wien – Der Rückgriff auf das sogenannte Kulturerbe diente gerade im 19. Jahrhundert stark der nationalen Selbstvergewisserung. In dieser Zeit und unter diesen Prämissen entstanden auch Museen wie das Wiener Volkskundemuseum. Heute versteht sich die Institution vielmehr als eine, die identitäre Narrative hinterfragt denn verfestigt. Beispielhaft dafür steht die aktuelle Ausstellung Was uns wichtig ist!, in der „künstlerische Perspektiven auf Kulturerbe“gezeigt werden.
Die von Christa Benzer, Sabine Benzer und Gregor Eldarb kuratierte Schau weitet dabei die Definition dessen, was alles Kulturerbe sein kann, auf hochpersönliche Zugänge aus: Carola Dertnig etwa stellt Kleider ihrer verstorbenen Mutter aus den 1960er-Jahren aus und räsoniert darüber, wie sehr sie diese als feministisches Statement verstand.
Kolonialismus und Lenin
An älterem Kulturerbe, aber nicht minder persönlich, arbeitet sich Belinda Kazeem-Kaminski in einem Video ab: Sie problematisiert völkerkundliche Fotografien des K.u.kMissionars Paul Joachim Schebesta, indem sie die Kolonisierten mit roten, gelben und blauen Streifen, den Farben des Kongo, überklebt und so den Blick auf den Kolonisierer lenkt.
Die augenfälligsten Arbeiten befassen sich mit der in den letzten Jahren äußerst präsenten Denkmaldebatte: Einmal mehr ist Klemens Wihlidals guter Vorschlag zur Umgestaltung des Karl-Lueger-Denkmals zu sehen – das Monument des antisemitischen Bürgermeisters um 3,5 Grad nach rechts kippen.
Mit neuer Aktualität aufgeladen wurde die Videoarbeit Leninopad (2017), in der die Exilrussin Anna Jermolaewa die Stürze sowjetischer Denkmäler in der Ukraine und unterschiedliche Reaktionen darauf dokumentierte. Ein originaler bronzener Lenin mit abgeschlagenem Kopf kann in der Ausstellung beäugt werden. Den hatte Jermolaewa in der Abstellkammer eines Rathauses entdeckt. (stew) Bis 30. 10.