Keine Abholzung mehr für Europas Fleisch, Kaffee und Co
EU-Parlament ringt um eine Einigung für ein neues Lieferkettengesetz gegen die Waldrodung
Jedes Jahr werden weltweit über zehn Millionen Hektar Wald abgeholzt – eine Fläche größer als Österreich. Die Rodung ist einer der großen Treiber der Erderhitzung. Europa spielt dabei eine Hauptrolle: 16 Prozent der Abholzung des Regenwaldes gingen auf das Konto Europas, so die Organisation WWF.
Ein neues Gesetz soll das stoppen: Die EU arbeitet an einer Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten. Unternehmen, die ihre Produkte in Europa verkaufen, müssen dann nachweisen, dass sie sorgfältig prüfen, woher diese stammen.
Gelten soll das Gesetz für Rind, Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja sowie Holz, sieht die EU-Kommission vor.
Das Gesetz soll kommen, fraglich ist nur, wie genau. Dazu stimmt heute das EU-Parlament ab, was es in den Verhandlungen mit dem Rat einfordern will. Etwa sollen auch Kautschuk, Mais und weitere Fleischsorten reguliert werden.
Einer der großen Streitpunkte ist, ob sogenannte Geolokalisierungsdaten erhoben werden müssen – mit ihnen kann ein Rohstoff bis zum Feld getrackt werden. Kaum ein Unternehmen verfolgt seine Lieferketten heute so genau nach.
Die Abstimmung dazu wird knapp: Einige Abgeordnete wollen weiter mit bisherigen Zertifizierungssystemen arbeiten, die Unternehmen die nachhaltige Herstellung bescheinigen. Zahlreiche Berichte zeigen jedoch, dass solche Zertifikate
nicht immer verlässlich sind. „Sie können eine Hilfsrolle spielen, aber nicht die Verantwortung ersetzen“, so die zuständige sozialdemokratische Abgeordnete Delara Burkhardt. Der Berichterstatter der konservativen EVP, Christophe Hansen, will hingegen, dass Firmen auch ihre bisherigen Zertifizierungen behalten dürfen.
Noch strittiger dürfte heute werden, ob die Regelung auch für Banken gelten soll. Hier wird erwartet, dass eine Mehrheit gegen die Erweiterung stimmt. „Damit würden wir kleinen und mittelgroßen Betrieben schaden“, so Hansen. Für eine Bank sei es zu schwierig nachvollziehen, wo etwa der Kaffee wächst, der in einer Mühle verarbeitet wird, für die ein Betrieb um Finanzierung ansucht. Burkhart hingegen hofft, Finanzinstitute perspektivisch einzubeziehen – nicht zuletzt, weil sie etwa großindustriellen Rinderfarmen den Betrieb erst ermöglichen.
Einig ist sich das Parlament in der Frage, welche Wälder geschützt werden sollen: nämlich auch ökologisch wichtige Steppen. Außerdem will es – anders als der Rat – Waldschäden so definieren, dass auch europäische Wälder erfasst werden. Vor allem die nordischen Staaten wie Schweden wollen nur Urwälder regulieren. Damit soll die europäische Forstwirtschaft ausgeklammert werden.
Auch beim Stichtag ist das Parlament ambitionierter als der Rat: Nur Flächen, die vor dem 31. Dezember 2019 abgeholzt wurden, sollen für den Anbau und die Viehzucht genutzt werden. Der Rat hatte das Datum für ein Jahr später angesetzt.
„Wenn wir unsere Position durchs Plenum bekommen, ist das ein riesiger Schritt im Kampf gegen die Entwaldung“, so Burkhardt. Und Hansen ergänzt – auch in Richtung des Rates, dem er vorwirft, das Gesetz zu verschleppen: „Es ist wichtig, dass es jetzt schnell geht. Mit jedem Jahr verlieren wir weitere zehn Millionen Hektar.“