Rückversicherer kalkulieren neu
Klimawandel, Inflation, zunehmende geopolitische Risiken – diese Entwicklungen kommen auch die Rückversicherer teuer zu stehen. Die Branchengrößen denken über Anpassungen nach.
Der Wandel und die Veränderung in vielen Branchen haben auch die Rückversicherer erreicht. In einer Welt mit wachsenden geopolitischen Spannungen, wirtschaftlicher Unsicherheit und dem Klimawandel sei mit einer verstärkten Nachfrage nach Schutz vor Risiken zu rechnen, heißt es aus dem Hause Swiss Re. Die Rückversicherer tagen gerade beim „RendezVous de Septembre“in Monte Carlo. Aktuell sei die Branche besonders mit Themen wie Inflation und Rezession konfrontiert. Hinzu kämen Energieschocks, Cyberrisiken und Probleme in den Lieferketten.
Rückversicherer und Versicherer müssten sich im Rahmen der Risikomodellierung auf eindeutige Vertragsbedingungen konzentrieren, um sicherzustellen, dass die Preise das Risiko widerspiegeln. Das heißt: Die Prämien werden angepasst. „Da wir im aktuellen dynamischen Risikoumfeld eine Zunahme der Kostentreiber sehen, müssen die Prämien sorgfältig kalibriert werden, um damit Schritt zu halten“, drückt es Swiss-Re-Rückversicherungschef Moses Ojeisekhoba mit Blick auf die Inflation etwas vornehmer aus. Die
Swiss Re erwartet für den Zeitraum von 2022 bis 2026 einen Anstieg des Prämienvolumens um 33 Milliarden US-Dollar (32,8 Milliarden Euro) in den gewerblichen Sparten. Wenn zudem die Länder alle bisher geplanten Kapazitäten für erneuerbare Energien aufbauen, würden die Investitionen in diesem Bereich nach Schätzungen ihrer Experten im Energiesektor bis 2035 gar zusätzliche Prämien in Höhe von 237 Milliarden Dollar generieren. In diesem Umfeld will Swiss Re wachsen und plant, das Naturkatastrophengeschäft auszubauen.
Höhere Prämien
Die Hannover Rück pocht in den anstehenden Gesprächen über die Erneuerung der Verträge mit den Erstversicherern ebenfalls auf höhere Preise. „Vor dem Hintergrund eines Trends zu teureren Großschäden“seien Preiserhöhungen und verbesserte Konditionen in der Schadensrückversicherung zu erwarten, sagte Vorstandschef JeanJacques Henchoz in Monte Carlo. Die sprunghafte Inflation treibe die Kosten für die Begleichung der Schäden in die Höhe. Bei Naturkatastrophendeckungen habe sich das bereits heuer in den Preisen niedergeschlagen, nun müssten auch andere Sparten wie die Kfz-Versicherung folgen.
Ähnlich geht es dem Weltmarktführer Münchener Rück. Der zuständige Vorstand Torsten Jeworrek betont, dass die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren es erschweren, verlässliche Annahmen zu treffen. Bei den Vertragsverhandlungen zur Jahresmitte hatte die Münchener Rück die Preise kräftig erhöht, bereinigt um die Inflation war aber nur ein kleines Plus geblieben.
Er warnte zudem vor einem Rückzug der Branche aus der Deckung für Naturkatastrophen. Die Kapazität der Rückversicherer sei nach Daten von Maklern und Ratingagenturen nämlich erstmals seit 2018 zurückgegangen – und zwar deutlich. Und auch alternatives Kapital, etwa Katastrophenbonds, stehe allenfalls auf dem bisherigen Niveau zur Verfügung, sagte Jeworrek. Zugleich steige die Nachfrage. Daraus könnten sich – etwa bei Naturkatastrophen im US-Bundesstaat Florida – kurzfristig Engpässe ergeben. (Reuters, dpa, bpf)