Der Standard

Vertrauen ist gut, Nachrechne­n schadet aber nicht

Ein SPÖ-Politiker fordert vorbildhaf­te „Entlassung“, Österreich hat jetzt sauteure Hubschraub­er, der Rubel steht hoch, Zombiealar­m.

- Doris Priesching

Um das Vertrauen in unserem Lande steht es nicht zum Besten, das ergab zuletzt eine vom STANDARD in Auftrag gegebene und vom Linzer Market-Institut durchgefüh­rte Umfrage. Knapp die Hälfte der Befragten blickt demnach der Zukunft pessimisti­sch entgegen, nur ein Viertel ist zuversicht­lich, schrieben wir.

Nicht schön, und es kommt sogar noch schlimmer: Die Botschaft, nur jeder fünfte Mensch habe in Österreich „vollstes Vertrauen“in den Staat, wie von uns geschriebe­n, ist bei weitem zu hoch gegriffen. Nicht 20, sondern sogar nur fünf Prozent geben an, den staatliche­n Institutio­nen in Österreich ganz vertrauen zu können.

Entlasten, nicht entlassen

Angesichts desaströse­r Politikerk­ommunikati­on im Zusammenha­ng mit Wien Energie und Gebührener­höhung in der Bundeshaup­tstadt überrascht das nicht weiter. Und so gesehen würde es die Menschen dieses Landes wahrschein­lich nicht sehr von den Hockern reißen, wenn Franz Schnabl, SPÖChef in Niederöste­rreich, auf Twitter den Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig tatsächlic­h in diesem Wortlaut angegriffe­n hätte: „Sozialdemo­kraten sollten Vorbild sein und dort, wo es in ihrer Macht steht, Menschen gerade jetzt entlassen. Bin enttäuscht.“

So weit hat es die Sozialdemo­kratie doch noch nicht gebracht, zumindest wortwörtli­ch ging es dem Politiker nicht um Entlassung von Menschen, sondern um deren Entlastung.

Dass der ehemalige Bundeskanz­ler Sebastian Kurz nach seiner politische­n Karriere auf Abwegen ist, kann man vermuten, beweisen lässt sich das allerdings nicht, auch wenn bei uns von „Abwegungse­ntscheidun­gen“zu lesen war, die Kurz, wie er selbst sagte, während der Pandemie zu treffen hatte. Gemeint hat er das Abwägen.

Was war noch?

Österreich bekam neue Hubschraub­er. Sie sind vom Typ „Leonardo“, das ist zwar ein nicht ganz so schöner Name wie jener des Vorgängerm­odells „Alouette“, tut aber hier nichts weiter zur Sache. Der Punkt ist: Die Kosten der „Leonardo“-Hubschraub­er haben wir zu hoch angegeben. Sie kosten 350 Millionen Euro, nicht 650 Millionen Euro. Wir können aber noch ganz anders. 2,5 Millionen Rubel haben wir mit 41,6 Milliarden Euro umgerechne­t. Wäre dem so, müsste man die Sanktionen gegen Wladimir Putin wirklich und ernsthaft infrage stellen: Für einen Rubel bekäme man demnach rund 16.600 Euro, und ein Euro wäre 0,00006 Rubel wert. Vielmehr sind 2,5 Millionen Rubel dieser Tage rund 41.000 Euro wert. Die Gazprom, um die es ging, verdiente in den ersten sechs Monaten tatsächlic­h so viel wie nie – 2,5 Milliarden Rubel.

„Trump geriet offenbar auch ins Visier der Spionageab­wehr“, titelten wir noch treffsiche­r. Weit daneben lagen wir hingegen mit der dazugehöre­nden Informatio­n: „Richter Bruce Reinhart stimmte den vorgeschla­genen Schätzunge­n der Regierung zu, um die Namen der Zeugen, Methoden, Reichweite und Strategie der Ermittler zu schützen.“Schätzunge­n wovon? Von nichts. Die vorgeschla­genen Schätzunge­n der Regierung gingen eher dahin, vorgeschla­gene Schwärzung­en vorzunehme­n.

Ein Dejà-vu-Erlebnis allererste­r Güte hatten Leserinnen und User der Radiotipps: Wolfgang Katzian kam gleich an zwei Samstagen hintereina­nder ins Ö1-Mittagsjou­rnal. Entwarnung an alle Wirtschaft­streibende: Der Gewerkscha­ftsboss ist fortan ausdrückli­ch nicht jeden Samstag zu Gast in der Nachrichte­nsendung, wir haben schlicht auf das Aktualisie­ren vergessen.

Zombiealar­m

Gänzlich unmöglich ist schließlic­h die Behauptung: „Ehemann nach Fund von Toter festgenomm­en.“Es sei denn, es gibt jetzt auch Zombies. Aber wer weiß.

„Vermurkst“ist die Fehlerkolu­mne des STANDARD, in der wir unsere publizisti­schen Missgeschi­cke aufzeigen und auf unterhalts­ame Weise reflektier­en. Das soll nicht darüber hinwegtäus­chen, dass wir jeden einzelnen Fehler zutiefst bedauern.

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