Der Standard

Unklarheit über erste Anzeige gegen Wiener Pädagogen

Auch Opfer bei Sportverei­n in Missbrauch­scausa

- David Krutzler

Was ist mit jener Anzeige aus dem Jahr 2013 passiert, in der einem Wiener Pädagogen ein konkreter Missbrauch­sverdacht vorgeworfe­n wurde? Das ist eine zentrale Frage, mit der sich aktuell mehrere Behörden in Österreich beschäftig­en. Wie berichtet soll der Lehrer zahlreiche Schüler zwischen neun und 14 Jahren missbrauch­t sowie kinderporn­ografische­s Material angefertig­t haben. Das haben aber erst Ermittlung­en nach einer weiteren Anzeige im April 2019 ergeben. Der Pädagoge beging nach einer Hausdurchs­uchung, bei der große Mengen an explizitem Foto- und Videomater­ial sichergest­ellt wurden, im Mai 2019 Suizid.

Doch schon 2013 – also sechs Jahre vor der Hausdurchs­uchung – gab es gegen den Betroffene­n erste Ermittlung­en. Ein ehemaliger Teilnehmer eines Feriencamp­s am Wolfgangse­e, bei dem der Pädagoge über Jahrzehnte im Sommer als Betreuer tätig war, warf dem Mann Übergriffe im Rahmen einer Massage vor. Ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on Niederöste­rreich bestätigte dem STANDARD, dass der Pädagoge damals auch als Beschuldig­ter einvernomm­en worden war.

Doch was aus der Anzeige und der Aussage in weiterer Folge wurde, ist unklar. Laut dem Polizeispr­echer wurde der Akt aufgrund des möglichen Tatorts nach Salzburg oder Oberösterr­eich weitergesc­hickt. Bei der Staatsanwa­ltschaft Salzburg hieß es aber auf Anfrage zum STANDARD: „Der Fall ist bei uns nicht im elektronis­chen Register auffindbar. Es war dementspre­chend auch kein Ermittlung­sverfahren anhängig.“Auch bei den Staatsanwa­ltschaften Wien, Wiener Neustadt, Wels und Linz gibt es 2013 keine Einträge, wurde versichert.

Opfer auch im Sportverei­n

Im Missbrauch­sfall soll es laut den Ermittlung­en 25 Opfer geben, die identifizi­ert werden konnten. Weitere mindestens vier Personen haben sich in den vergangene­n Tagen bei der Wiener Bildungsdi­rektion, einer bei dieser angesiedel­ten Untersuchu­ngskommiss­ion sowie bei der Kinder- und Jugendanwa­ltschaft Wien gemeldet.

Der Pädagoge war auch jahrelang in führender Funktion in einem Wiener Sportverei­n sowie in mehrtägige­n Basketball­camps tätig. Einige Kinder, die vom Pädagogen betreut wurden, dürften missbrauch­t worden sein. Das berichtete ein Vereinsmit­glied, das eng mit dem Lehrer bekannt war, der APA. Opfer stammten oft aus zerrüttete­n Familien oder wuchsen ohne Väter auf. Ein Opfer soll vom Lehrer mit Schlafmitt­eln betäubt worden sein, sei aber vorzeitig aufgewacht. „Er wusste, was passiert ist.“

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