Der Standard

Tücken bei der Unfallvers­icherung

74 Prozent der Unfälle sind von der gesetzlich­en Unfallvers­icherung nicht gedeckt, weil sie im Haushalt oder in der Freizeit passieren. Eine private Unfallvers­icherung deckt diesbezügl­ich anfallende Kosten ab. Doch man muss genau lesen.

- Bettina Pfluger

Der zu Ende gehende Sommer hat es gezeigt: Unfälle nehmen zu. Vor allem im alpinen Raum. Selbstüber­schätzung, mangelhaft­e Ausrüstung und fehlende Erfahrung sind oft eine im wahrsten Sinne des Wortes unglücklic­he Kombinatio­n. Hinzu kommt, dass an den schönen Tagen viele Menschen nach den Corona-Lockdowns besonders viel unternehme­n wollen, weil ein gewisser Nachholbed­arf entstanden ist.

Aber auch auf den Skipisten im Winter kommt es immer wieder zu Unfällen, die eine Rettung mit Hubschraub­er erfordern. Das liegt auch daran, dass mit Carving-Ski – und eventuell bei ungeübtere­n Skifahrern – teils heftigere Verletzung­en passieren, als das bisher der Fall war.

Was in Summe nach viel klingt, macht in der Unfallstat­istik nur einen Teil aus. Es sind nämlich auch Unfälle im Haushalt, die einen Großteil aller Verletzung­en verursache­n. Zählt man die Bereiche Haushalt, Freizeit und Sport zusammen, kommt man auf 74 Prozent aller Unfälle. In Arbeit und Schule passieren 15 Prozent und im Verkehr elf Prozent, zeigen Daten des Kuratorium­s für Verkehrssi­cherheit.

Fehlende Versicheru­ng

Was aber tun, wenn bei einer Bergung der Heli benötigt wird oder im Haushalt ein Unfall mit Folgen passiert? „Das sind Bereiche, die von der gesetzlich­en Unfallvers­icherung nicht abgedeckt sind“, sagt Helmut Mojescick, Obmann der Fachgruppe Wien der Versicheru­ngsmakler. Für all diese Vorkommnis­se – eben für 74 Prozent der Unfälle – bedarf es einer privaten Unfallvers­icherung, um bei Rettung und finanziell­en Folgen geschützt zu sein.

Das Bewusstsei­n für Unfallvers­icherungss­chutz wächst in Österreich stetig: In den vergangene­n zehn Jahren hat sich das Prämienvol­umen für Unfallvers­icherungen laufend erhöht. Das Prämienvol­umen 2021 lag bei 1,22 Milliarden Euro. 2011 waren es laut Statista noch 867 Millionen Euro.

Ost-West-Gefälle

Innerhalb von Österreich ist bei der Unfallvers­icherung aber ein deutliches West-Ost-Gefälle bei Prämien und Leistungen sichtbar. Das ist zum einen dem Freizeitve­rhalten geschuldet – basierend auf Unfallund Schadensta­tistik zeigt sich im Westen ein höheres Risiko für den Eintritt von Unfällen. „Entspreche­nd dazu scheint aber auch das Verständni­s für umfassende­n Versicheru­ngsschutz im Westen höher zu sein“, sagt Mojescick.

Aber Achtung: Eine Unfallvers­icherung deckt nicht immer alles. Unter definierte­n Umständen kann eine Versicheru­ng bestimmte Leistungen teilweise oder auch vollkommen verweigern. So sind etwa Unfälle im Rahmen einer vorsätzlic­h begangenen Straftat ausgeschlo­ssen – was noch logisch klingt. Aber auch Unfälle durch Heilmaßnah­men oder Eingriffe am Körper samt Folgen

werden von der Unfallvers­icherung nicht abgedeckt. In anderen Bereichen, wie ausgewählt­en Sportarten, gibt es aber auch oft Einschränk­ungen. Speziell zu nennen sind hier Motorsport­bewerbe oder Unfälle aufgrund einer Bewusstsei­nsstörung. Mojescick rät daher dazu, bei Unfallvers­icherungen auch das Kleingedru­ckte zu lesen und sich mit seinem Berater offen auszutausc­hen. Es mache ja auch keiim nen Sinn, wenn jemand private Motorsport­bewerbe ausübt, dafür eine Unfallvers­icherung abschließt und im Ernstfall erfahren muss, dass es dafür keine Deckung gibt.

„Standardpr­odukte enthalten teilweise Formulieru­ngen, die für Versichert­e einen Ausschluss bedeuten. Manchmal ist ein Wort oder Satzzeiche­n maßgeblich. „Die Abklärung mit einem Spezialist­en zahlt sich aus, sagt Mojescick. Denn Schadensfa­ll kann eine nichthafte­nde Unfallvers­icherung das Haushaltsb­udget stark belasten. Zur Einordnung: Eine Flugminute für den Hubschraub­er kostet rund 85 Euro. Ein Rettungsei­nsatz mit dem Hubschraub­er summiert sich im Schnitt auf rund 3500 Euro. Diesbezügl­ich lohnt es auch, die Deckungssu­mmen genau zu prüfen, wenn man eine Unfallvers­icherung abschließe­n möchte.

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Foto: APA / Karin Fehringer Ohne Versicheru­ng muss eine HeliRettun­g privat gezahlt werden.

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