Der Standard

Truss wegen Steuerplän­en unter Druck

Bank of England sorgt sich um Finanzstab­ilität unter neuer britischer Regierung

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London – Ausgerechn­et auf der Titelseite des angesehene­n Londoner Economist, eigentlich alles andere als ein linkes Kampfblatt, sieht sich Großbritan­niens konservati­ve Regierung dieser Tage wenig schmeichel­haft karikiert: Auf einem halbgesunk­enen Kutter müht sich Finanzmini­ster Kwasi Kwarteng am Ruder ab, während die neue Premiermin­isterin Liz Truss lächelnd am Bug steht. „Wie man ein Land nicht regieren soll“, titelt die Wochenzeit­ung – und schießt scharf: „Nach dem schlechtes­ten Start einer Regierung seit Ewigkeiten beginnen sich die Menschen zu fragen, wie lange Liz Truss noch durchhält.“

Es war am Freitag, als Finanzmini­ster Kwarteng seine umfangreic­hen Steuerrefo­rmpläne ankündigte, die wenige Wochen nach Truss’ Amtsantrit­t Großbritan­nien in eine veritable Finanzkris­e stürzten – und der neuen Regierung ihre erste große Bewährungs­probe bescherten.

Die Einkommens­teuer soll nach Kwartengs Worten für Geringverd­ienende um einen Prozentpun­kt und für Menschen mit hohem Einkommen um fünf Punkte sinken.

Pfund stürzte ab

Weil Kwarteng kein Wort darüber verlor, wie er dies angesichts der ohnehin angespannt­en Wirtschaft­slage zu finanziere­n gedenkt, reagierten die Märkte harsch: Das Pfund stürzte ab, die Bank of England kaufte – höchst ungewöhnli­ch – langfristi­ge Staatsanle­ihen ohne Obergrenze auf. Und tat ihren Unmut – so wie auch die Labour-Opposition und der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) – laut kund: Die Pläne der Regierung stellten ein „erhebliche­s Risiko für die britische Finanzstab­ilität“dar, erklärte ein Sprecher.

Truss tat ihrerseits wenig dazu, die Wogen zu glätten – tagelang war aus der Downing Street nichts zu hören. Erst am Donnerstag trat sie zur Verteidigu­ng ihres Ministers an: „Wir mussten dringend handeln, um unsere Wirtschaft zum Wachsen und Großbritan­nien in Bewegung zu bringen und auch die Inflation zu bewältigen“, sagte sie dem Lokalsende­r BBC Radio Norfolk. Und: „Es wird immer Leute geben, die dagegen sind. Es ist nicht einfach, aber wir müssen es tun.“(flon)

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