Spekulationen über Sabotageakt in OMV-Raffinerie
Verfassungsschutz sieht keine Hinweise auf Absicht
Wien – Das Aufsehen war groß, als im Juni bekannt wurde, dass es in der OMV-Raffinerie in Schwechat einen Unfall gegeben hatte. Vor allem, weil auch die Auswirkungen groß waren: Der Produktionsausfall führte zu Versorgungsengpässen bei Diesel. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) ließ zur Überbrückung Sprit aus den strategischen Reserven des Bundes freigeben.
Manche vermuteten schon im Juni einen Sabotageakt. Wie Kurier und Krone berichteten, bestehe nun der Verdacht, dass der Angriff von Russland kam, das solche Akte als Teil „hybrider Kriegsführung“einsetzen könnte. Gleich im Juni begann auch die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) mit Erhebungen, bestätigte das Innenministerium am Donnerstag. Aus der technischen Überprüfung durch die OMV hätten sich für die DSN bislang aber keine konkreten Hinweise auf Sabotage ergeben.
Der Sabotageverdacht wurde im Laufe des Donnerstags zudem immer schwächer, die Zweifel an einer Vorsatztat immer stärker. Hatte am Morgen der Sprecher von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) den KroneArtikel noch getwittert, verschwand das Posting später wieder. Bei Behörden reagierte man mitunter verwundert über Spekulationen eines absichtlich herbeigeführten Unfalls. Es gebe „null Hinweise“darauf, hieß es aus Sicherheitskreisen gegenüber dem STANDARD, allerdings halte man sehr wohl die Augen offen.
Interne Konflikte in OMV
Die OMV selbst hatte in Zusammenhang mit dem Vorfall am 3. Juni, bei dem die Hauptdestillationsanlage im Zuge einer Druckprüfung schwer beschädigt wurde, stets von einem Unfall gesprochen. Konzernsprecher Andreas Rinofer verwies am Donnerstag neuerlich darauf, dass es keinerlei Hinweise auf Sabotage gebe. Laut KurierBericht würden dagegen auch OMVManager die Unfallthese anzweifeln. Gegenüber dem STANDARD war aus informierten Kreisen aber auch von komplizierten internen Konflikten in der OMV die Rede, die für das Nähren von Spekulationen eine Rolle gespielt haben könnten.
Sollte es sich doch um einen Sabotageakt gehandelt haben, dann war er jedenfalls – aus Sicht Russlands – ein voller Erfolg. Er löste „die größte Krise in der Geschichte der Raffinerie Schwechat“aus, hatte eine OMV-Vertreterin in einer Anhörung vor dem Parlament Anfang Juli ausgeführt.
Ein Sabotageangriff würde „jedenfalls gut zur Strategie der hybriden Kriegsführung Russlands passen, wie wir sie bisher erlebt haben“, sagt Thomas Riegler, Historiker und Geheimdienstexperte. „Die Intention könnte sein, es einzelnen EU-Staaten mit gezielten Aktionen schwerzumachen, sodass die EUFront gegenüber Russland insgesamt zu bröckeln beginnt.“
Will man einen Unfall absichtlich herbeiführen, reicht grundsätzlich ein USB-Stick, den etwa ein Mitarbeiter ins Computersystem einer Anlage stecken könnte. Die Schadsoftware führt dann dazu, dass elektronische Warnsysteme nicht anspringen und den Überdruck nicht anzeigen. Wartungsarbeiten eignen sich prinzipiell gut für solche Aktionen: Sie sind aufwendig und personalintensiv; es treiben sich also wochenlang viele Mitarbeiter, ob aus dem eigenen Konzern oder von Fremdfirmen, auf einem Betriebsgelände herum. (joge, tschi, odg)