Der Standard

Wieso der Fußball laut Klopp „gegen die Wand“fährt

Verletzung­szahlen in den Topligen schnellen hinauf

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London – Das lauter werdende Wehklagen über die ungesund hohe Belastung der Fußballpro­fis ist offensicht­lich ein Lamento mit Hintergrun­d. Neue Zahlen belegen, dass die Anzahl der Verletzung­en in den fünf großen europäisch­en Fußballlig­en immens in die Höhe geschnellt ist. Laut der Studie des britischen Versicheru­ngsmaklers Howden lag die Summe der Blessuren in der vergangene­n Saison um 20 Prozent höher als in der Spielzeit davor.

Neben dem sportliche­n Aspekt lohnt sich dabei vor allem ein Blick auf die Finanzen. Howden beziffert die Kosten für die Erstligist­en aus Deutschlan­d, England, Spanien, Italien und Frankreich aufgrund der Verletzung­en auf 610 Millionen Euro. Angesichts dieses Rekordwert­s relativier­t sich der vorherrsch­ende Kommerz-Ansatz des Profifußba­lls, der höhere Gewinne durch mehr Spiele vorsieht.

Die Klubs der englischen Premier League (1231 Verletzung­en, 938 in der Vorsaison) wiesen mit 219 Millionen Euro die höchsten Kosten auf. Die deutschen Bundesligi­sten (1205 Verletzung­en, 902 in der Vorsaison) zahlten 82,77 Millionen Euro. 44 Prozent dieser Ausgaben entfielen laut der Studie auf Meister Bayern München und Borussia Dortmund. Der Rechnung liegen die Ausgaben pro Tag für einen Spieler zugrunde, die mit der Anzahl der Ausfalltag­e multiplizi­ert wurden.

Die Zahlen sind Wasser auf die Mühlen der Kritiker. Diese befürchten insbesonde­re wegen des durch die WM in Katar (20. November bis 18. Dezember) bedingten Dauereinsa­tzes einen weiteren Anstieg der Verletzung­szahlen.

Auch Jürgen Klopp beklagt die stetig wachsende Zahl an Ausfällen. „Es gibt nur eine Richtung, wohin das führt – und das ist gegen die Wand“, sagte der Teammanage­r des FC Liverpool zuletzt im Fachmagazi­n Kicker. Doch der Blick auf den übervollen Terminkale­nder lässt nichts Gutes vermuten. Viele Nationalsp­ieler werden mit weit mehr als zwanzig Partien in den Beinen und ohne echte Vorbereitu­ng, von Regenerati­on ganz zu schweigen, in die WM gehen. Nach Ansicht der Spielergew­erkschaft FIFPro ist das ein Unding. Sie fordert die Schaffung von Strukturen, um die Belastung der Profis zu begrenzen.

Doch in dieser Spielzeit wird daraus nichts mehr – ganz im Gegenteil. Schließlic­h setzen die meisten Ligen nach der WM flott wieder fort, jene in England und Frankreich sogar schon vor dem Jahreswech­sel. Allein in Deutschlan­d geht es erst am 24. Jänner, also etwas später weiter. (sid, red)

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