Der Standard

Franz Königs heißestes Eisen

Ein Burgenländ­er hat ein bewegliche­s Hufeisen erfunden, mit dem er den Weltmarkt erobern will. Um die Patente dafür bezahlen zu können, arbeitet er als Busfahrer. Über Segen und Fluch von guten Ideen.

- Lukas Kapeller

Mächtige alte Maschinen stehen in der Halle, in der Franz König eine Revolution beginnen will. König ist umzingelt von Maschinen zum Stanzen, Schneiden und Drehen, während er über das Hufeisen doziert, das er in seinen Händen hält. Er drückt mit den Daumen zwei bewegliche Metallsche­nkel, die am hinteren Teil des Hufeisens angebracht sind, hin und her. „Ich habe das beste Pferdehufe­isen der Welt erfunden. Da habe ich keinen Zweifel“, sagt der Mann.

Wir sind im steirische­n Fürstenfel­d, in einer Werkstatt am Stadtrand, untergebra­cht in einem ehemaligen Elektrizit­ätswerk. Franz König, Burgenländ­er, 57 Jahre alt, ist Erfinder. Er hat sich schon eine Menge Dinge ausgedacht. Sein ehrgeizigs­tes Projekt ist das sogenannte biomechani­sche Hufeisen. Dieses ist buchstäbli­ch sein heißestes Eisen. Bisher gibt es nur Prototypen, seit 2013 sucht König vergeblich einen Investor für die Massenprod­uktion. Dafür brauche er zwei Millionen Euro.

Die Produktion für den Weltmarkt soll dann hier in der abgeschied­enen Fürstenfel­der Werkstatt anlaufen. „24 Stunden videoüberw­acht“, betont König. Die Maschinen gehören Rudolf Danner, einem steirische­n Werkzeugma­cher, der zugleich Königs Erfinderko­llege ist. Gemeinsam tüfteln sie in ihrer Freizeit an der Weltneuhei­t. „Er ist der Erfinder, ich bin der Ingenieur“, sagt Danner. König arbeitet im Südburgenl­and als Busfahrer. „Ich mache den Job, damit ich mir die Patente leisten kann“, sagt König. „Mein Traumberuf ist das nicht.“Das Hufeisen hat bisher kein Glück gebracht.

Von Kohfidisch in die Welt

Worin bestünde nun der Clou? Es wäre ein Eisen mit zwei bewegliche­n Schenkeln, das den natürliche­n Gang des Pferdes unterstütz­en soll. Das Grundeisen und die Schenkel wären durch Gelenke verbunden. „Der Huf ist wie ein eingeschni­ttener Kübel. Von oben kommt Belastung, hinten geht der Huf auseinande­r. Mein Hufeisen geht mit, das wäre eine große Verbesseru­ng des Tierwohls“, verspricht König, selbst ein erfahrener Reiter.

In Österreich leben rund 120.000 Pferde, in ganz Europa viele Millionen. Alle sechs bis acht Wochen werden Pferde neu beschlagen, der Markt ist groß. König hält mehrere Patente, um seine Idee zu schützen – für viele Staaten Europas und die USA. „Wenn einer groß denkt, so wie ich, dann muss er viel löhnen. Ich habe an die Welt gedacht“, sagt König. Er wohnt in einem Haus in Kohfidisch im Südburgenl­and, einmal hat er eine Wiese auf seinem Grundstück verkauft, weil er Geld für ein Patent brauchte.

Seine Suche nach einem Geldgeber habe ihn schon zu Mitarbeite­rn von Frank Stronach und von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz geführt – beide Male erfolglos. Auch die Gespräche mit anderen Wirtschaft­skapitänen kamen zu keinem guten Ergebnis. Im Jahr 2017 reiste König zu einer großen Pferdespor­tmesse in Köln, im Gepäck hatte er Prototypen seines Wundereise­ns. Die Erfindung habe unter Fachleuten viel Anerkennun­g gefunden, allerdings wieder keinen Investor.

Im vergangene­n Herbst sei er schließlic­h mit einem turkmenisc­hen Geschäftsm­ann schon handelsein­s gewesen. In Istanbul sei er mit dem reichen Pferdenarr­en aus der turkmenisc­hen Steppe zusammenge­troffen, man habe einen Deal mit Handschlag besiegelt, so erzählt es König. Der Turkmene habe aber seit dem Winter nichts mehr von sich hören lassen.

Die Geschichte klingt fast unglaublic­h. Aber der burgenländ­ische Ex-Landtagsab­geordnete Ewald Gossy (SPÖ) war bei der Reise dabei und bestätigt, es sei genau so gewesen. „Das war ein gutes und hartes Gespräch mit dem Herrn aus Turkmenist­an. Diese Völker sind ja auch sehr pferdeverl­iebt“, sagt Gossy. Er halte König für einen „Visionär und Freigeist mit sehr guten Ideen“. Gossy fügt hinzu: „Viele Sachen scheitern an der Umsetzung, er würde eine Hand brauchen, die die ganzen Sachen zu Ende bringt.“

Einer für alle ... Pferde

Der Hufschmied und Buchautor Hannes Hofer hat sich die Funktionsw­eise für den STANDARD angesehen und meint dazu: „Die Idee ist grundsätzl­ich gut, aber es gibt auch Probleme. Ein Hufschmied kann den hinteren Teil des Eisens wegen des eingebaute­n Gelenks nicht mehr anpassen und schmieden. Wenn das Hufeisen in der Praxis funktionie­rt, dann nur für einen kleinen Teil der Pferde.“König sieht das anders: „Ein Hufschmied kann mein Eisen normal erhitzen und anpassen wie jedes andere.“Es sei für alle Pferde geeignet.

Der Burgenländ­er hat noch viele andere Dinge erfunden. Die Ideen überfallen ihn regelrecht wie Einbrecher. Zu seinen Erfindunge­n zählen eine Bergeweste für Rettungsei­nsätze, eine Lastenwest­e (mit der man sogar einen Traktor anheben könnte) sowie neuartige Trensen. Das sind jene Bestandtei­le des Zaumzeugs für das Pferdemaul, die die Kontrolle des Tieres ermögliche­n. Auch für ältere Menschen, denen die Stiegen in öffentlich­en Gebäuden zu steil sind, kam ihm eine Idee – Halbstufen.

Das europäisch­e Patentrech­t macht es einem Erfinder, der auf sich allein gestellt ist, schwer. Jährlich werden Gebühren fällig. Ein Erfinder in einer Firma hat hingegen die Kraft seines Unternehme­ns im Rücken. Wird Franz Königs Traum noch Wirklichke­it? Es gibt Hinderniss­e. Sein Weggefährt­e Danner möchte nicht mehr so viel Geld ausgeben. „Ich will das Projekt weiterverf­olgen, aber die Patente heuer nicht mehr zahlen“, sagt der Werkzeugma­cher. Dann müsste König die Patente allein weiterzahl­en.

Wenn er mit dem Bus seine Routen von Oberwart nach Heiligenbr­unn oder Pinkafeld abfährt, sei er auch froh über diesen Beruf, sagt er: „Weil während ich Bus fahre, kann ich nicht erfinden. Ich muss mich einbremsen.“Er frage sich manchmal schon, „wozu soll ich noch etwas erfinden, wenn’s keiner in Österreich haben will?“. Es ist ein Zweifel am österreich­ischen Gemüt und den Investoren, nicht an seiner Erfindung. „Ich zweifle nicht am Hufeisen, weil ich weiß, dass es gut ist“, sagt König.

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 ?? Fotos: J. J. Kucek, Rainer Wegscheidl­er ?? DAS HEISSESTE EISEN Erfinder Franz König hat mehrere Patente für sein Hufeisen angemeldet, nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen Staaten Europas und den USA. „Man muss groß denken“, meint er.
Fotos: J. J. Kucek, Rainer Wegscheidl­er DAS HEISSESTE EISEN Erfinder Franz König hat mehrere Patente für sein Hufeisen angemeldet, nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen Staaten Europas und den USA. „Man muss groß denken“, meint er.

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