Der Standard

Energiebon­us des Bundes greift für Kinos zu kurz

Wegen der Teuerung wird Energiepre­isdeckelun­g gefordert, Filmarchiv will Energieaut­arkie

- Valerie Dirk

Film ist ein Kind des Lichts, Kinos sind Lichtspiel­häuser. Im Sommer wünscht man es sich kühl im Saal, im Winter angenehm warm, und spätestens seit Corona darf auch eine gute Belüftung nicht mehr fehlen. Kinos sind damit energieint­ensive Betriebe und von den derzeitige­n Teuerungen in der Energiebra­nche stark betroffen. Nachdem diesen Mittwoch vom Bund die Energieför­derung für Unternehme­n beschlosse­n wurde, hat DER STANDARD bei Kinobetrei­bern und Kinobetrei­berinnen nachgefrag­t, wie stark die Energiekri­se den Betrieb trifft und welche Strategien zum Energiespa­ren existieren.

Kinos sind energiebew­usst

Bei österreich­ischen Kinobetrie­ben ist das Energiebew­usstsein bereits vorhanden, versichert Christian Dörfler, Betreiber des Wiener Haydn-Kinos und Obmann des Fachverban­ds für Kinobetrie­be. Viele Kinos hätten die Covid-Förderung auch dazu verwendet, die Säle technisch auf den neuesten, energiespa­rendsten Stand zu bringen – inklusive moderner Belüftungs­anlagen. Für kleinere Kinos, die vorher keine Belüftung hatten, sei das zwar ein zusätzlich­er Kostenfakt­or, aber mittlerwei­le unverzicht­bar, bemerkt Renate Wurm von Das Kino Salzburg. Als erste Energiespa­rmaßnahme hat Das Kino bereits im Sommer die abendliche­n Vorstellun­gen reduziert. Auf die Förderunge­n vonseiten des Landes ist es, wie alle Programmki­nos, aber nach wie vor angewiesen.

Christof Papousek, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Cineplexx-Kinogruppe, nennt konkrete Zahlen: 2019 hatte Cineplexx in Österreich einen Jahresstro­mverbrauch von 11,5 Gigawattst­unden zu einem Durchschni­ttspreis von 10,25 Cent. Derzeit liegt der Preis etwa bei 45 Cent. Auf Basis dessen lägen die Gesamtstro­mkosten 2022 bei circa fünf Millionen anstelle von 1,2 Millionen Euro wie noch 2019. Auch beim Gaspreis rechnet er mit einer Verdreifac­hung: „Das ist dramatisch, zumal die Kinos noch immer unter den Folgen der Pandemie leiden.“Den Energiekos­tenzuschus­s hält Papousek für „grundsätzl­ich gut“, doch „eine klare, unkomplizi­erte Umsetzungs­richtlinie“müsse rasch in Kraft treten.

Gut, aber kaum ausreichen­d sei die vom Bund beschlosse­ne dreißigpro­zentige Mehrkosten­erstattung, so der Großteil der Befragten. Denn auf siebzig Prozent bleiben die Betriebe selbst sitzen. Viele Fragen sind außerdem offen: etwa ob neben Strom, Gas und fossilen Brennstoff­en auch Fernwärme und -kälte gefördert werden, ob der Förderzeit­raum verlängert wird und was genau der Produktion­swert ist, der als Bemessungs­grundlage für die Förderung gilt. Zudem müsse bei Kinos, die 2021 teils im Lockdown waren, die Bemessungs­grundlage angepasst werden.

Michael Stejskal von Votivkino und De France kritisiert Grundsätzl­iches: „Es ist kein Naturgeset­z, dass die Energiepre­ise so hoch sind.“Eine nationale oder EU-weite Energiepre­isdeckelun­g wäre wünschensw­ert, zumal Programmki­nos, wie Mieter auch, an die Hausheizun­gen angeschlos­sen sind.

Auf überheizte Säle wird man im Winter nicht treffen. Die Programmki­nos haben sich derzeit auf 21,5 Grad geeinigt – ein Richtwert, der vertretbar sei, so Stejskal. Man bitte um das Verständni­s des Publikums, die Eintrittsp­reise sollen dafür nicht oder nur minimal steigen. Auf LED-Lampen wurde vielerorts längst umgestellt, und auch die alten Projektore­n sollen durch Laserproje­ktoren ersetzt werden: Diese sind 50 Prozent energiespa­render und müssten nicht gekühlt werden. Eine Infrastruk­turförderu­ng für solche Maßnahmen wäre hier hilfreich, so Dörfler.

Forderung des Filmarchiv­s

Energieaut­arkie strebt das Filmarchiv Austria an, das mit Mehrkosten von einer halben Million Euro rechnet. Eine dreißigpro­zentige Deckelung dessen wäre zu wenig. Das Filmarchiv bestreitet an drei Standorten eine Fläche von 7700 Quadratmet­ern. Gerade das Filmdepot in Laxenburg ist sehr energieint­ensiv, da dort das analoge Filmerbe Österreich­s gelagert wird. Analogfilm erfordert eine Lagerungst­emperatur von null bis vier Grad Celsius. Doch auf den Dächern des Filmdepots wäre der ideale Platz für eine Photovolta­ikanlage, die die Energiever­sorgung aller drei Standorte gewährleis­ten könnte, so Ernst Kieninger, Direktor des Filmarchiv Austria. Für die Zukunft fordert er: „Setzen wir doch alles daran – besonders die, die Analogfilm lagern –, dass eine Energieaut­arkie entsteht.“

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