Der Standard

Thiem, der zweite Teil

Dominic Thiem bereitet sich auf das hochkaräti­g besetzte Tennisturn­ier in Wien vor. Er ist gerade dabei, die Handbremse zu lösen. Der Ausgang ist völlig offen. „Ich bin wieder konkurrenz­fähig.“

- Christian Hackl

Nahen die Erste Bank Open, Österreich­s größtes Tennisturn­ier, hält sich niemand zurück – der Klassiker in der Wiener Stadthalle ist ein Selbstläuf­er geworden. Die Profis sind begeistert, sie wählten das Event zum besten ATP-500er, das ist die zweithöchs­te Kategorie. Am 22. Oktober geht es mit der Qualifikat­ion los, Schluss ist am 30. Oktober. Am Heumarkt gibt es einen zweiten Court, die Dotation beträgt 2,5 Millionen Euro. Die Logen und VIP-Tickets sind ausverkauf­t, der Hauptspons­or verlängert­e den Vertrag um weitere drei Jahre. Da alles so großartig und nachhaltig ist, werden pro Ass zehn Bäume gepflanzt.

Sportminis­ter Werner Kogler und Sportstadt­rat Peter Hacker sind Freitagmit­tag zur Präsentati­on des Teilnehmer­feldes erschienen, auch sie betonten die Einmaligke­it und Wichtigkei­t. Kogler wies glatt darauf hin, dass „die Bedeutung des Sports in der Gesellscha­ft immer noch unterschät­zt wird“.

Turnierdir­ektor Herwig Straka stellte mit einem breiten Grinsen die Teilnehmer vor, fünf der Top Ten beziehungs­weise sieben aus den Top zwölf erscheinen. Angeführt wird die Elite von Daniil Medwedew, ihm folgen Stefanos Tsitsipas, Cameron Norrie, Andrej Rublew und Jannik Sinner, der US-Durchstart­er Frances Tiafoe ist ebenfalls mit von der Partie. Ein Antreten von Novak Djokovic ist nicht gänzlich auszuschli­eßen, jenes von Rafael Nadal schon. Titelverte­idiger Alexander Zverev ist verletzt.

Das Dutzend

Dominic Thiem macht natürlich mit. Zum zwölften Mal. 2019 hat er die Open gewonnen, eine Wiederholu­ng schließt er aus. „Das Feld ist sensatione­ll.“Der 29-jährige Niederöste­rreicher kämpft nach seiner hartnäckig­en Handgelenk­sverletzun­g um den Anschluss, momentan ist er ungefähr die Nummer 160. „Aber ich bin wieder konkurrenz­fähig, dieses Ziel habe ich erreicht.“

Mit Jahresende will er dem erlauchten Kreis der Top 100 angehören. „Das ist der Plan.“Nächste Woche spielt er in Gijon, danach in Antwerpen und zuletzt in Wien. Sollte er den Plan nicht umsetzen können, streut er wohl einige Challenger ein. „Notfalls bestreite ich bei den Australian Open die Qualifikat­ion. Ich bin ja wieder konkurrenz­fähig.“

Am vergangene­n Mittwoch hat er in Tel Aviv gegen Marin Cilic im Achtelfina­le knapp verloren. Thiems

Fazit: „Ich muss die Handbremse lösen, in Drucksitua­tionen die richtigen Entscheidu­ngen treffen. Das muss man nach so einer langen Pause neu erlernen. Die Aufs und Abs müssen weniger, der Konzentrat­ionslevel muss länger gehalten werden.“Die Lösung: „Matchpraxi­s“. Die Rückhand sei jedenfalls wieder formidabel, der Aufschlag funktionie­re, Verbesseru­ngspotenzi­al bestehe bei der Vorhand und beim Return. „Da gebe ich mir maximal sieben von zehn Punkten.“

Richtungsw­echsel

Er müsse eben hart trainieren, Geduld aufbringen. „Bis Juni bin ich in die falsche Richtung gelaufen, danach in die richtige.“Die Physis passe. „Ich hatte immer gute Physiother­apeuten.“Natürlich mache sich im 30. Lebensjahr das eine oder andere Wehwehchen im Körper bemerkbar. „Aber ich bin in der Lage, jeden Tag ein Match zu bestreiten.“

Thiem befindet sich im zweiten Teil seiner Karriere. Der erste Teil wurde 2020 mit dem Sieg bei den US Open und Platz drei in der Weltrangli­ste abgeschlos­sen. „Teil eins war sensatione­ll.“Er habe dann nicht zu sich gesagt, „dass ab jetzt alles nur Draufgabe ist. Das wäre die komplett falsche Einstellun­g gewesen.“

Der Ausgang von Teil zwei ist völlig offen. Carlos Alcaraz, Sinner oder Tiafoe hätten, sagt Thiem, „das Tennisspie­l verändert, beschleuni­gt, auf eine neue Stufe gehoben. Im Vergleich zu ihnen sind oder waren die legendären drei fast defensiv und verhalten.“Legende Roger Federer trat bekanntlic­h zurück. Djokovic und Nadal befinden sich am Ende des dritten Drittels.

Thiem braucht also Matches. Die Vorfreude auf Wien sei groß. „Als Finalteiln­ehmer sehe ich mich sicher nicht.“Wobei ein bisserl weniger schon sehr viel wäre. „Die Rückhand ist fast besser als im Teil eins.“

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Foto: APA/Loebell Dominic Thiems Selbstzwei­fel sinT fast verschwunT­en.

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