Unter Palmen
Wäre die Mutter von Lala noch am Leben, hätte sie ihr gesagt, dass Ehe für die Frauen ihrer Familie auf die eine oder die andere Art Mord bedeutet. Kann sie aber nicht, sie wurde von ihrem Liebhaber zerstückelt. Lala stolpert in dieselbe Falle: Ihr Ehemann ist ein Krimineller, kalt und gewalttätig. Cherie Jones, Anwältin und Autorin, lebt in Barbados, die Geschichte spielt in ihrer Heimat. Das tropische Paradies zeigt sich von seiner dunklen Seite. Aber welche Touristin, die sich am Strand von einer Einheimischen Cornrows flechten lässt, macht sich schon Gedanken über das Alltagsleben dieser Frau? Der Mann, der Sex verkauft, der Polizist, der eine Prostituierte jagt, das tote, am Strand abgelegte Baby – all das spielt sich in einer Parallelwelt ab, unter Palmen, aber in vermodernden Strandhäusern. Jones’ Geschichte beginnt mit dem Mord an einem reichen Weißen, der Lalas Leben eine neue Richtung gibt. Bilderreich und trotz der Empathie für ihre Frauenfiguren unsentimental ist dieses Romandebüt eine Entdeckung. Ingeborg Sperl
Cherie Jones, „Wie die einarmige Schwester das Haus fegt“. Deutsch: Karen Gerwig. € 25,70 / 322 Seiten. Culturebooks, Berlin 2022